Eine Rezension zu
Lothar Fritze – Angriff auf den freiheitlichen Staat
von Michael Mansion
Im Vorwort spricht der Autor vom Empfinden eines verunsichernden Systemumbruchs als Folge des Versagens der „politischen Eliten“ in einer nationalen Gefährdungslage der vor allem seit Jahren andauernden Migrationskrise.
Damit umreißt er das zentrale Anliegen seines Buches in Erkenntnis der von ihm vorrangig beschriebenen Phänomene, die ein Unbehagen kenntlich werden lassen, welches in einem zunehmenden Misstrauen gegenüber den politisch-medialen Eliten kulminiert, eine Gefährdungslage beschreibt und die anhaltende muslimische Massenmigration hierbei für bedeutsam verursachend verortet.
Professor Lothar Fritze ist Philosoph und Politikwissenschaftler. Von 1993 bis 2009 war er wissenschaftlicher Mitarbeiter am Hannah-Arendt-Institut für Totalitarismus-Forschung an der TU Dresden. Als außerplanmäßiger Professor lehrte er Politikwissenschaft an der TU Chemnitz.
Wichtige Buchveröffentlichungen sind u.a.: Täter mit gutem Gewissen/ Über Menschliches Versagen im diktatorischen Sozialismus/ Die Tötung Unschuldiger/ Ein Dogma auf dem Prüfstand/ Anatomie des totalitären Denkens/ Weltrettung und Selbstaufgabe in der Migrationskrise/ Kritik des moralischen Universalismus u.a.
Das rezensierte Buch hat 10 Kapitel, die thematisch wiederum untergliedert sind, sowie ein Vorwort, ein Nachwort und einen Anhang mit Literaturhinweisen, einem Personenverzeichnis, einem Sachverzeichnis und den Nachweisen.
Ein Kulturkampf gegen Andersdenkende sei eröffnet worden, der unweigerlich in einen Angriff auf den freiheitlichen Staat münde.
Dabei sei eine staatliche Grundorientierung deutlich geworden, welche eine massenhafte Einwanderung mit dem Ziel begründe, eine multiethnische, multireligiöse und multikulturelle „Zuwanderungsgesellschaft“ entstehen zu lassen. Mit ihren Entscheidungen habe die Regierung kundgetan, dass sie eine fehlende Zustimmung der Bevölkerung hinzunehmen bereit ist.
Indem Präferenzen und Befürchtungen letztlich als gleichgültig abgewiesen wurden, habe die politische Klasse das Land in der Manier selbstherrlich agierender Fürsten gespalten.
Es sei medial dafür gesorgt worden, dass abweichende Meinungen nicht mehr gleichberechtigt geäußert werden können.
Kritiker werden zu verächtlichen Figuren stilisiert, die der Zurechtweisung bedürfen und der Autor fragt, wie eine auf den Wert der Freiheit programmierte Gesellschaft in ein solches Fahrwasser geraten kann?
Das Auseinanderdriften der beiden Lager habe Radikalisierungsschübe auf beiden Seiten der Hysterisierungswellen zur Folge, die nüchterne Betrachter in Staunen versetze.
Der in Aufruhr versetzte kulturelle Hegemon tendiere zu hektischen Abwehr-Reaktionen, die infantile bis repressive Formen annehmen und für sich als ein Lernergebnis, als eine „Aufarbeitung des Nationalsozialismus“ begriffen werden sollen, was der eigentliche geistige Fehlgriff sei.
Das Land sei angesichts seiner ins Irrationale abgeglittenen Debattenkultur zu einer Zustandsbeschreibung seiner selbst nicht mehr fähig.
Schlussfolgernd sei es deshalb auch nicht in der Lage, die realen gesellschaftlichen Probleme zu lösen.
Eine kulturelle Hegemonie
Er (der Autor) wolle deshalb nicht der verbreiteten Unsitte folgen, gegnerische Positionen mit der pejorativen Bezeichnung ideologisch zu belegen. Das habe zwar Konjunktur, sei aber argumentativ ohne Wert.
Ideensysteme könnten durch Praktiken, die auf ihre Immunisierung abzielen, als Ideologien etabliert werden. Es seien also nicht die Ideen, also die Überzeugungsinhalte selbst, denen die Qualität des Ideologischen zukomme.
Einer politisch-medialen Elite sei es gelungen, den Zeitgeist der Epoche maßgeblich zu prägen und eine kulturelle Hegemonie zu errichten.
Lothar Fritze. umreißt hier gleich zu Beginn das Wesen einer politisch-kulturellen (Vor-) Herrschaft und schafft damit eine Grundlage für eine von ihm sehr sorgsam und konstitutiv betriebene Erklärung dessen, worin er einen Bruch mit demokratischen Traditionen einerseits und einer permanenten Mißachtung des Bürgerwillens andererseits sieht, den man in einer anmaßenden, nachgerade erzieherischen Maßnahme dem Projekt einer „kosmopolitischen Elite“ unterzuordnen beabsichtigt.
Dieser Vorgang ist komplex und findet auf mehreren Ebenen zugleich statt, die sich aus den vorrangigen aktuellen Problemlagen ergeben.
Herrschaftsausübung und gleichberechtigte Gegenargumente
Jede Herrschaftsausübung sei auf Zustimmung angewiesen. Um sie zu generieren sei eine Beeinflussung des Denkens und Wollens der Massen eine Voraussetzung. Dies setzte entweder Glaubwürdigkeit voraus oder gründe auf dem Versprechen einer besseren Gesellschaft.
Statt auf Rationalität zu setzen, können Politiker natürlich auch unrealistische Versprechen machen, Probleme verschweigen oder schlicht Propaganda betreiben.
Diese hat den Zweck, gewünschte Anschauungen und Betrachtungen zu verbreiten. Sie zielt – zu welchem Zweck auch immer – auf die Zerstörung oder Ausschaltung der menschlichen Autonomie.
Die Substanz einer im Sinne Karl Poppers(1) offenen Gesellschaft sei es jedoch, eine Gesellschaft zu betreiben, in der Gegenargumente gleichberechtigt vorgebracht werden können, die der Staat schützen muss.
Nur so sei die Konfrontation vieler meinungsbildender Akteure möglich, die weder zu protegieren, noch zu behindern sind.
Es sei nicht die Aufgabe des freiheitlichen Staates, sich an Diffamierungen und Ausgrenzungen von Bürgern zu beteiligen!
Eine internationale Entgrenzung
L.F. liefert in drei Sätzen ein kompaktes und umfängliches Bild der zentralen Agenda des „tonangebenden Personals in Politik und Medien der europäischen westlichen Welt“ als einem Konglomerat aus diversen Grundauffassungen (kosmopolitisch, individualistisch, moralisch-universalistisch), die sich mit Wertpositionen und Zielvorstellungen wie den Menschenrechten, einer Anerkennung der „westlichen Werte“, der Ausdehnung des demokratischen Modells, der sozialen Marktwirtschaft und der schrittweisen Übertragung nationaler Souveränitätsrechte auf supranationale Einheiten, Institutionen und Organisationen verbinden.
Hinzu komme ein Gefühl der solidarischen Verbundenheit mit allen Erdbewohnern.
Gerechtigkeitsfragen sollen tendenziell nur noch auf globaler Ebene diskutiert und der Sozialstaat seiner nationalen Begrenzung enthoben werden.
Die Bewahrung einer ethnischen und kulturellen Homogenität der Völker Europas wird dabei weder als ein Wert ansich, noch für geboten gehalten.
Zugehörigkeiten gelten eher als ein zu überwindendes Prinzip und gegen ein „Weltbürgertum“ gerichtet.
Kulturelle Segregation und Parallelgesellschaften werden als bereichernd gesehen und offensichtliche Inkompatibilitäten gelten als moderierbar.
Kritische Verweise werden als illegitime Ausgrenzungen, ja als Rassismus gedeutet.
Es wird eine politisch-moralische Vision vom „Eine Welt-Staat“, gleiche Grundrechte für alle und globale Freizügigkeit gefordert.
Die Übertragung wesentlicher Entscheidungsbefugnisse nach Brüssel soll die Prozesse absichern und beschleunigen.
Das Volk soll über sein eigenes nationales Schicksal nicht mehr selbst entscheiden können!
Der universalistische Humanitarismus
Hier liefert der Autor eine im Grunde brillante Zusammenfassung der aktuellen EU-Agenda, welche zugleich die der deutschen Bundesregierung ist!
Sie stehe – wie er berechtigt anmerkt – jedoch in einem konträren Verhältnis zu den Rechten und Loyalitäten, welche die Bürger aneinander und der Staat mit ihnen hat und vertraglich sichert.
Dabei werden kollektive Entitäten als real existierend ebenso wahrgenommen, wie unterschiedliche Völker und Kulturen.
Ein moralischer Universalismus sei mit unabhängigen Gemeinschaften von Kollektivwesen nicht vereinbar, weil mit ihnen (auch) Sonderinteressen existieren.
Der „universalistische Humanitarismus“ fordert jedoch, die Interessen aller so zu behandeln, als seien es die eigenen.
Dieser Anspruch ließe sich in letzter Instanz nur einlösen, durch die Auflösung der „Kollektivwesen“.
Genau dies sieht der Autor aber gegenwärtig als abgespeckte Variante eines Universalismus oder Humanitarismus Raum greifen, indem diese „geistige Vorherrschaft“ auf eine Erringung der kulturellen Hegemonie gerichtet ist.
Zugleich sei dieser Anspruch nicht ausschließlich aus der politischen Klasse heraus geboren. Schon im Rahmen der bundesdeutschen Beteiligung am Kosovo-Einsatz gegen Serbien, habe der damalige Außenminister Fischer den Einsatz mit „Nie wieder Auschwitz“ gerechtfertigt.
Die supranationale Europäische Union
Solche Freizügigkeit eines moralischen Anspruches tauge natürlich allemal auch zu transnationalen Orientierungen und zur strukturellen Vollendung der Globalisierung durch eine weltweite Freizügigkeit von Arbeitskräften.
Dieses Projekt einer supranationalen Europäischen Union sei allerdings auch in der CDU/CSU fest verankert und wird offensiv vertreten, wenngleich man sich dort in einer Dauerdefensive gegenüber einer „linken moralischen Überlegenheit“ befindet, die mit unverhohlener Aggressivität vorgetragen wird und zumindest Teile der Union in der Einheitsfront im „Kampf gegen Rechts“ vor sich hertreibt.
Lothar Fritze sieht hier kein „schlüssiges“ vermeintlich linkes Konzept, sehr wohl aber eine Instrumentalisierung mit universalen Rechtfertigungsformeln in Berufung auf „die europäischen Werte“, sowie den Lehren, die man glaubt aus der Geschichte des Dritten Reiches“ ableiten zu können bzw. zu müssen.
Eine „konkrete Utopie“
Ähnlich wie die Handlanger der Open Society-Stiftung von George Soros, gerieren sich Politiker wie Martin Schulz oder Papst Franziskus als Förderer einer unbegrenzten Zuwanderung.
Neben der Selbstverständlichkeit von Überlebenshilfe, die ja auch nicht in Frage zu stellen sei, muten jedoch die Äußerungen von Anetta Kahane (Vors. der Amadeo-Antonio-Stiftung) etwas verstörend an, wenn sie meint, es sei eine Bankrotterklärung der deutschen Politik, dass die Mehrzahl der deutschen Ost-Länder noch „weiß“ seien.
Es tauche garkein Diskurs zu der Frage auf, warum denn Zuwanderung grundsätzlich nützlich sein soll und warum schlecht oder gar nicht ausgebildete junge Männer und Analphabeten ein gesellschaftlicher Gewinn sein sollen. Ganz zu schweigen von Straftätern und potenziellen Terroristen.
Der Autor unterstellt, dass solche Auffassungen z.T. auch flankiert würden von der Theorie des Soziologen Pierre Bourdieu(2), der Einwanderungsbeschränkungen für eine Form von Rassismus gehalten habe.
Hier allerdings irrt Bourdieu in der Tat, wobei zu bedenken wäre, dass er zugleich immer ein Verfechter eines Denkens gegen die Selbstaufgabe und die Preisgabe der individuellen Selbstbestimmung war. Wir können ihn zum aktuellen Stand der Dinge leider nicht mehr befragen.
Die (oft gehörte) Argumentation, Deutschland benötige Zuwanderung, weil es seine künftigen Aufgaben nicht mehr selbst leisten könne und müsse deshalb andere Kulturen einfach inkorporieren, verkenne die gesellschaftliche Realität und gehe dem Diskurs aus dem Wege indem es sich dreist als „konkrete Utopie“ zu verkaufen versuche.
Eine populistische Internationale von Ethno-Nationalisten
Das europäische Asylsystem habe eine Grundlage für irreguläre Zuwanderung geschaffen, indem Rechtsansprüche formuliert werden können, welche sowohl über die Genfer Flüchtlingskonvention, als auch die der Europäischen Menschenrechtskonvention hinausgehen.
Geltendes Recht werde durch Einreisen ohne Grenzkontrollen nicht mehr vollzogen. Die Ausnahmesituation wurde damit zur Regel, was der Verfassungsrechtler Hans-Jürgen Papier als Rechtsbruch bezeichnet.
Eine Sicherung der Grenzen werde bis heute nicht gewährleistet, sowie auch keine Maßnahmen zur längerfristigen Selbstbehauptung des Gemeinwesens.
Statt dessen sei am 10. Dez. 2018 in Marrakesch der UN-Migrationspakt unterzeichnet worden. Dieser soll aber nicht der Begrenzung der Migration dienen, sondern sie sicherer machen.
Illegale Migration soll unterbunden werden, indem sie legalisiert wird.
Das deckt sich mit der Vorstellung von UN-Generalsekretär Antonio Guterres, der „eine Möglichkeit für Migranten sieht, aus ihrem Leben das Beste zu machen“.
Faktisch sei der Pakt so angelegt, dass er unter Festschreibung einer Integrationspflicht eine ganze Reihe von Anspruchsrechten legitimiert und so die staatliche Souveränität über die nationale Steuerung der Migration aushebelt und ein Recht auf unbegrenzte Niederlassung festschreibt.
So wie jeder Afrikaner das Recht erhalte, sich in Europa niederzulassen, habe natürlich auch jeder Europäer das Recht, sich in Afrika niederzulassen.
Mitspracherechte werden lediglich an demokratisch nicht legitimierte Interessenvertreter vergeben.
Die mehrheitlich ablehnende Haltung der Bevölkerung (hierzu) wird ignoriert oder als „populistische Internationale von Ethno-Nationalisten“ denunziert.
Alle Identitäten werden für schutzwürdig erklärt. Hier setze man auf einen „Bewusstseinswandel“ in der Bevölkerung.
L. F. unterstellt, man konstruiere eine Kausalität, welche die Deutschen dazu zwinge, die Migration als eine Zukunftsaufgabe anzusehen und anzunehmen.
Bei einem Wachstum Schwarzafrikas um eine Million alle zwölf Tage, ist das eine engagierte Agenda.
Der Pakt gebe auch Anweisungen hinsichtlich eines zu ahndenden Fehlverhaltens durch angeblichen Rassismus und Fremdenfeindlichkeit und beschreibe dabei eine seltsame „Staatsverpflichtung“, für die es keine Grundlage gebe.
Intoleranz und Fremdenfeindlichkeit können Staaten aber nach ihrem Gusto definieren und quasi jede Migrationskritik kriminalisieren.
Dann ist ganz einfach jeder intolerant und fremdenfeindlich, der sich gegen die Masseneinwanderung positioniert. Bereits dieser Begriff gilt mittlerweile als Ungeheuerlichkeit (Seehofer).
„Aufklärungskampagnen“ sollen gefördert werden für eine positive Wahrnehmung. Das sei – so der Autor – eine Aufforderung zur Staatspropaganda, welche abweichende Meinungen einschränken soll.
Dass die Migration nur positive Auswirkungen hat, welche den Wohlstand fördere, steht so im Vertrag und ist demgemäß nicht mehr zu hinterfragen.
Das allerdings könne so nicht hingenommen werden meint Lothar Fritze.
Es handele sich hier um staatlich gelenkte Willensbildung mit dem Einsatz von Steuergeldern.
Obwohl völkerrechtlich nicht bindend (soft law), könne der Vertrag völkerrechtliche Bindung durch den Druck auf die Zielvorgaben erlangen.
Eine wirkliche Opposition
Die politische Klasse sei hier zu einem Umsteuern weder bereit noch in der Lage. Es sei zurückliegend darum gegangen, ohne Parlamentsbeschluss oder Volksabstimmung Fakten zu schaffen, welche eine gesellschaftliche Umgestaltung irreversibel werden lässt.
Auf Zeit berufene Amtsträger hätten nicht mehrheitsfähige Grundsatzentscheidungen getroffen. Das Entscheidungsrecht der Bürgermehrheit werde ausgehebelt. Die Umwandlung in ein Einwanderungsland hätte einer verfassunggebende Versammlung vorbehalten sein müssen.
Es sei in Zukunft mit Machtverhältnissen zu rechnen, in denen es die autochthonen Deutschen sein werden, die sich in die neu geformte Gesellschaft integrieren müssen. Das sei auch so gewollt meint der Autor.
Das Projekt der Globalisierung, Entnationalisierung und kulturellen Vereinheitlichung, sei mit dem europaweiten Aufkommen der sog. Rechtspopulisten auf eine Gegenwehr gestoßen.
Mit der AfD sei dabei zugleich eine wirkliche Opposition entstanden, weil sie eine kollektivistische und partikularistische Grundorientierung offensiv vertritt.
Top-Eliten und Alternativlosigkeit
Der Autor beschäftigt sich sehr eingehend mit dem Elitebegriff, welcher innerhalb der Führungsgruppen einer Gesellschaft bemüht wird, jedoch ein unklares Bild produziert.
Homogen seien die Eliten zumindest nicht! Es lassen sich vermutlich Teil-Eliten identifizieren, die ohne personelle Absprachen zu einer stärkeren Uniformität der Gesellschaft beitragen, weshalb von einer politisch-medialen Elite gesprochen werden könne. Ökonomische Potenz und Beziehungen können hilfreich sein, seien aber keine notwendigen Voraussetzungen. Allerdings sei dann die Bereitschaft zu ideologischer Konformität größer in Form einer Neigung zum Lakaientum.
Die Öffentlichkeit wird mit nachhaltiger Propaganda auf vermeintlich Unvermeidliches eingeschworen. In der Demokratie sei offensichtlich das Volk zum Problem geworden, was im Gegensatz zu Rousseaus(3) Feststellung stehe, dass die Abgeordneten keine „Vertreter“, sondern nur Beauftragte seien, die nichts endgültig beschließen können.
Der Wähler – so der Autor – sei keinesfalles in jeder Hinsicht inkompetent. Das kollektive Bewusstsein eines Volkes sei keine leere Tafel, die erst durch eine aufgeklärte Elite beschrieben werden müsse.
Regierungen repräsentativer Demokratien hätten keinen Erziehungs- oder Agitationsauftrag. Die Formung des Bewusstseins mit dem alleinigen Ziel Zustimmung zu erlangen, sei deshalb ein Machtmissbrauch.
Es müsse in einer Demokratie einen dem politischen Prozess vorausliegenden Willen (des Volkes) gegeben haben.
Nur daraus könne sich der/ein Prozess legitimieren.
Die demokratische Herrschaft habe einen Staat samt zugehöriger Rechtsordnung zu etablieren, dessen Leistungen den Bedürfnissen des Staatsvolkes mehrheitlich gerecht werden.
Das wird problematisch vor dem Hintergrund einer Agenda, die ein sehr abweichendes Staatsziel formuliert und dabei davon ausgeht, dass sich die sehr unterschiedlichen Präferenzen zu einem kohärenten Gesamtwillen synthetisieren, was allerdings sehr unwahrscheinlich ist.
Der Mensch lebe nun mal in historisch gewachsenen Beziehungsgeflechten. Die Art zu leben ist ihm wichtig, weshalb eine Regierung die Lebensform einer Gesellschaft nicht nach Gutdünken verändern kann.
Sie verliert dann ihre Legitimität und dies vor allem bei tiefgreifenden Veränderungen, die das Gefühl heimisch zu sein berühren.
Auch die Verlagerung nationaler Kompetenzen an supranationale Organisationen und Institutionen erzeugt zumindest ein Unbehagen. Die prinzipielle Zustimmung zum gesamten System kann hierbei erodieren.
Regeln der Entscheidungsfindung
L. F. begreift eine sehr zentrale demokratiebildende Dimension in dem Sinne, dass es nicht nur darauf ankomme, wie eine Entscheidung zustande kommt, sondern welche Entscheidung das ist. Demokratie lasse sich nämlich nicht über einen „Vorgang“ definieren bzw. legitimieren. Der Geist einer Entscheidung müsse erkennbar sein.
Ohne diese Beachtung könne der „Wille des Volkes“ in fundamentalen Fragen gebrochen werden.
Ein Konsens über die Regeln der Entscheidungsfindung sei so etwas wie eine kulturell geprägte „Hintergrundideologie“, die von einer Mehrheit geteilt werde.
Die Wahrscheinlichkeit für ein solches Fundament sinke aber mit wachsender ethnischer und religiöser Heterogenität und demgemäß auch die Chance, ein umfänglich akzeptiertes Regelsystem zu implementieren.
Wenn das Handeln von Regierungen keine Entsprechung mehr im mehrheitlichen Volkswillen finde, dann zerstöre dies das Element des Republikanischen und gefährde das Gemeinwesen.
Wenn die Regierung einer repräsentativen Demokratie ihre Machtposition nutze, um gegen das eigene Volk zu regieren, dann kann sie an ihre Grenzen stoßen.
Politikverdrossenheit und die unkontrollierte Migration
Interessant ist, dass der Autor die Flüchtlingskrise der zweiten Hälfte 2015 für eine Repolitisierung verantwortlich macht, „die das Gerede von der Politikverdrossenheit für lange Zeit verstummen lassen wird“.
Er fügt jedoch hinzu, dass die Verdrossenheit zugleich eine Steigerung erfahren habe, wo die regierungsamtlichen Sprachregelungen als Bevormundungen empfunden worden seien.
Die Frage ist allerdings, ob die politisch-mediale Klasse wirklich so viel Kredit eingebüßt hat, wenn nach neueren Umfragen eine Mehrheit von ca. 60{18423f3510016d69a38748c31b9d3c63e55e56caeb597c341a8ea176480d5299} erneut Fr. Merkel zur Kanzlerin wählen würden?
Mit nahezu sprachloser Fassungslosigkeit hatten einige Wissenschaftler aus den Bereichen Orientalistik und Arabistik, sowie Staatsrechtler, Ökonomen und Gesellschaftswissenschaftler, den jubelnden politischen Begleitchor von Teilen der Politischen Elite anlässlich der unkontrollierten Migration verfolgt, dessen aberwitzige Hoffnung sich auf schlecht bis gar nicht qualifizierte Menschen aus dem Nahen und Mittleren Osten, sowie aus Afrika richtete.
Projekt „Europäischer Bundesstaat“
Auf einer ganz anderen Ebene, jedoch machtpolitisch gleich formiert, sieht der Autor die Bestrebungen zur Begründung eines „Europäischen Bundesstaates“, wohinter auch keinerlei Volkswille stehe.
Dabei sei die Währungsunion weniger ein ökonomisches als ein politisches Projekt gewesen, wobei L.F. durchaus gelten lässt, dass der Wille zu einer politischen Union auch einen europäischen Selbstbehauptungswillen gegen das Aufkommen anderer potenter Wettbewerber reflektiert.
Dies ändere jedoch nichts an der Waghalsigkeit des Projekts und Europa könne sich dann nicht zusätzlich eine Migration dieses Ausmaßes leisten.
Die Entscheidung zur Gründung eines „Bundesstaates“ können nur die Völker der EU-Staaten selber treffen u.zw. Kraft ihrer verfassunggebenden Souveränität (Bundes Verf. Gerichtsurteil vom 30. Juni 2009).
Ein Souveränitätsverzicht zugunsten eines „Bundesstaates“ entspreche nicht dem Geist des Grundgesetzes. Es bedürfe hier einer Volksabstimmung.
Der Zwangscharakter des Euro – so der Autor – sei dabei bewusst in Kauf genommen worden mit dem Ziel einer supranationalen politischen Union.
„Die kosmopolitischen Eliten“ werden alles tun, um eine keineswegs unproblematische Rückabwicklung des Euro zu verhindern.
Verlust der Diskurs-Kultur
Der Autor widmet dem Prinzip der repressiven Macht und ihrem ideologischen Hegemonialanspruch zwecks Dogmatisierung der politisch-moralischen Grundorientierung ein ganzes Kapitel und legt offen, in wie weit ein solcher Anspruch in die gesellschaftlichen Sphären dringt.
Es entsteht eine Kultur zwischen angepasster Liebedienerei, Authentizitätsverlust, Konformismus, Denkverboten, Manipulation, dem Verlust der Diskurs-Kultur, sowie offener und getarnter Revolte.
Es geht dem Autor um die Beantwortung der Frage, wie es der politisch-medialen Klasse überhaupt möglich war, eine politisch-moralische Grundorientierung zu implementieren und zur herrschenden Ideologie zu machen.
Wie wird der Staat zum Erzieher und Propagandisten?
Welches Modell liegt dem zugrunde?
Trotz sonstiger Differenzen habe die politische Klasse in den letzten Jahren eine einheitliche Aganda verfolgt und sich insofern gleichgeschaltet.
Möglich sei das im Modus einer umfänglichen opportunistischen Anpassung weiter Kreise, die sich an „Leitfiguren“ orientieren.
Sie bilden dann eine sich bestärkende Glaubensgemeinschaft zugleich in der Illusion, ihre Urteile autonom zu bilden.
Selbst die tonangebenden Medien (Qualitätsjournalismus?) weisen mehr Gemeinsamkeiten als Unterschiede auf.
Es entsteht ein Meinungskorridor. Normative Vorgaben grenzen die öffentliche Rede zunehmend ein. Dieser „Raum“ kann nur um den Preis der Isolation und Stigmatisierung verlassen werden.
Der ideologische Gleichklang bedeute nicht die vollständige Abwesenheit alternativer Meinungen, aber sie haben keinen Einfluss auf die täglich fortgesetzten „Erzählungen“ in den Haupt-Nachrichtensendungen. Sie werden marginalisiert und hinzu komme eine nicht enden wollende moralische Herabwürdigung der Andersdenkenden.
Die öffentlich-rechtlichen Medien haben qua Gesetz publizistische Vielfalt zu garantieren. Sie dürfen sich mit keiner Sache gemein machen. Es gibt eine Pflicht zu neutraler Berichterstattung. Eigene Wertungen sind zu unterlassen.
Die Marginalisierung anderer Meinungen setze deren Träger der Isolationsfurcht aus. Damit setze in einer freiheitlichen Gesellschaft eine zerstörerische Dynamik ein.
Wenn die Bevölkerungsmehrheit zur schweigenden Mehrheit wird, sei ein gefährlicher Punkt erreicht.
Ein solcher Zustand rechtfertige es, von einem politisch-medialen Komplex zu sprechen, der den Staat mit öffentlichen Meinungsbildungsprozessen kontrolliert.
Die politische Klasse müsse sich für den von ihr angerichteten Schaden nicht mal mehr verantworten, klagt der Autor.
Dass die einzig sichtbare Oppositionspartei mit ihrem Grundanliegen auf nationale und kulturelle Selbstbehauptung, die AfD, von allen anderen im Parlament vertretenen Parteien in einer Art „nationaler Front“ ausgegrenzt werde, untergräbt das Vertrauen der Bürger in demokratische Institutionen und die Notwendigkeit einer Opposition als eine entscheidende Sicherung gegen Tyrannei. Es sei nämlich Aufgabe der Opposition die Illusion von der Alternativlosigkeit zu zerstören.
Dass die Stigmatisierung einer Partei auch die Stigmatisierung ihrer Wähler bedeutet, sei hinzugefügt.
Man misstraut dem Wahlvolk. Bürger werden nicht wie mündige Menschen behandelt. Das wird dort jedoch als ein Angriff auf die eigene Würde empfunden und Würdeverletzungen rufen bekanntlich Zorn hervor.
Die politische Klasse betrachte den Staat als ihr Eigentum und untergrabe absichtlich die Voraussetzungen für eine gleichberechtigte politische Mitsprache.
Die einer Prüfung nicht standhaltenden Vorwürfe als Nazis oder gar Faschisten, werden selbst von höchsten Amtsträgern aggressiv vorgetragen, was die Lage aber verschlimmert. Die Gesellschaft zerfällt in Freund-Feind- Beziehungen.
Zu den beliebtesten Kampfmethoden zählt L. F. die Political Correctness (PC).
Sie stehe als kosmopolitische Weltsicht gewissermaßen in konträrem Gegensatz zum bösen, alten, weißen und christlichen Mann, der aktuell für das Schlechte in der Welt steht, was zugleich unterstellt, dass sämtliche von weißen männlichen Christen identifizierten Sachverhalte irreal sind.
Wie zumindest aus Deutschland zu vernehmen, ist die Mehrzahl aller (grünen?) Wissenschaftler der Meinung, es gäbe (eigentlich) keine Rassen.
Ja,—-warum dann die Aufregung fragt man sich? Man kann künftig auch von unterschiedlich Pigmentierten sprechen, wenn es dem Reinheitsgebot dient.
Der Sinn der P.C. bestehe darin, bestimmte Sachverhalte zunächst unaussprechbar, dann unansprechbar und zu guter Letzt unerörterbar zu machen.
Die PC bestimme sogar darüber, welche gesellschaftlichen Zusammenhänge erfasst, wahrgenommen und als Probleme bearbeitet werden können.
In der Reihenfolge betreffe die PC zunächst den Sprachgebrauch, mit seiner Reglementierung und Umdeutung bislang durchaus klarer und verständlicher Begrifflichkeiten.
So werden Entlassungen zu Freisetzungen und der Flüchtling zum Geflüchteten oder Schutzsuchenden. Auch der Terrorist kann zum Befreiungskämpfer mutieren.
Natürlich darf man auch nicht vom Versailler Pakt oder Diktat sprechen.
In der DDR sei es sogar verpönt gewesen von Russen anstatt von Sowjetbürgern zu sprechen und in der BRD war man nur ein guter Deutscher, wenn man statt von der DDR von der Ostzone sprach.
Neu sei es zugleich nicht, dass Sprache auch als ein Mittel der Täuschung verwendet werde.
Sie sei ein Machtinstrument, ein Mittel, um Interessen durchzusetzen und sie kann Meinungen tabuisieren.
Allerdings sei ein gewisser Verschleiß festzustellen – meint L. Fritze.
Da sich die Reglementierer moralisch überlegen dünken, ist das Verfahren natürlich aller Ehren wert.
Das tradierte Vokabular soll durch ein politisch korrektes ersetzt werden.
Die Lenkung des Sprachgebrauchs zielt darüber hinaus auf eine die Autonomie gefährdende inhaltliche Formung des Denkens.
Der Autor konstatiert, dass der PC ein humanistischer Impuls zugrunde liegt. Allerdings sei die sprachpolizeiliche Komponente zugleich real.
Es sei ein Aberglaube, durch erzwungene Sprachreformen, Diskriminierungen abbauen zu können. Dies erzeuge Denkverbote und neue Diskriminierungen.
Problematisch werde das Geschehen, wenn der Einsatz für geschützte staatliche Grenzen die Beschimpfung als Ausländerfeind nach sich zieht und damit ein Rechtfertigungsdruck erzeugt wird.
Fritze zitiert Rolf Peter Sieferle(4), der die Erfindung des Begriffs Ausländerfeind in den frühen 1990er Jahren als geniales Manöver von politischen Marketingspezialisten bezeichnet hatte.
Man frage sich, was mit einer Gesellschaft geschehen sein müsse, die das mit sich machen lässt und Fritze bringt ein durchaus erheiterndes Argument, wenn er sagt, dass man den Indianern Nord-Amerikas vermutlich den guten Rat hätte geben sollen, den weißen Europäern, die als Wirtschaftsflüchtlinge ihr Land besiedelten, eine Willkommenskultur zu entfalten.
Genau dies werde aber verlangt, wenn man nicht als Ausländerfeind gelten wolle.
Problematisch sei auch, dass Themen, die während der NS-Zeit vorrangig behandelt wurden, heute unsagbar werden.
So seien etwa Zusammenhänge im Bereich eines Geburtenüberschusses kaum mehr thematisierbar.
Das führe dann wie im Falle des französischen Grünen Yves Cochet zu einer interessanten Ideologisierung in dessen Behauptung, die reichen Länder hätten durch ihre große Umweltverschmutzung als erste die Pflicht, demographisch zu schrumpfen.
Damit werde nicht nur der Kinderwunsch in der westlichen Welt in Frage gestellt, sondern auch jedes Argument gegen die weitere Migration als westlicher Egoismus gedeutet.
Globalistische Eliten und das „richtige Europa“
Didaktische Tabus haben den Status von Unhinterfragbarkeiten wie z.B. auch die Behauptung, der Frieden in Europa seit 1945 sei der EU zu verdanken.
Eine Behauptung, die stets Konjunktur hat, wenn wieder für „mehr Europa“ geworben wird meint Fritze und kaum jemand wage, dagegen zu opponieren.
Hier ginge es nämlich gar nicht um mehr oder weniger Europa, sondern um das „richtige Europa“ der globalistischen Eliten und „ihr“ Projekt.
Auch die Behauptung, kein Land profitiere mehr von Europa als Deutschland, ist zweifelhaft angesichts der Tatsache, dass das durchschnittliche Pro-Kopf-Vermögen in den vermeintlichen Krisenländern höher liegt als in Deutschland.
Die sprachliche Manipulation fordere nicht nur Gehorsam, sondern in letzter Konsequenz Unterwerfung. Das Ziel sei die Konditionierung der Bürger im Sinne der von der Elite vertretenen Überzeugungen.
In dieser Indoktrination sieht der Autor eine Tendenz von autonomiezerstörender, tendenziöser Einmischung in die private Urteils- und Willensbildung als eine Form der Entmündigung.
Es werde (medial) ein Bild von Gesellschaft erzeugt, die es so nicht gibt, in deren Form der Darstellung aber eine mentale Vorbereitung auf eine Zukunft enthalten ist, mit der sich das Volk abzufinden hat.
Verhaltenslenkungen können u.U. gerechtfertigt sein, ihre Legitimität müsse sich aber begründen lassen.
Ideologische Dominanz durch geistigen Einfluss
Isolation und Beschränkung des Zuganges zu einflussreichen Publikationsorganen, denen überproportional viel Aufmerksamkeit zukommt, sind das klassische Mittel der Diskreditierung von Wissenschaftlern.
Bei anderen, weniger einflussreichen oder vorab diskreditierten Publikationsorganen oder Orten, wird die „mutmaßliche Gesinnung“ des Autor halluziniert.
Als „Erklärung“ für die „andere“ Meinung werden frustrierende Lebensverhältnisse, Wut-Reaktionen oder irrationale Ängste geltend gemacht, die für bestimmte soziale Milieus typisch seien.
So gesehen diskutiere man dann aber über die Psyche von Personen, nicht jedoch über die Inhalte ihrer Argumente.
Der „Abweichler“ soll für jeden kenntlich gemacht werden. Der so bedrohte muss sich fragen, ob er bereit ist, die mitunter schwer einschätzbaren Folgen zu tragen und was ihm der Gebrauch seiner Freiheit wert ist.
Es gibt eine Tendenz, durch solche „Kennzeichnungen“ von Personen einen ganzen Komplex von Fragen und Meinungen undiskutierbar werden zu lassen.
Ziel sei es, geistigen Einfluss in ideologische Dominanz zu verwandeln, was dann erreicht sei, wenn die Diffamierung abweichender Positionen zur gesellschaftlichen Standardreaktion geworden ist.
Es verfestige sich der Eindruck, der Geburt einer Religion beizuwohnen, dem Abdriften in „dogmatische Rechtgläubigkeit“.
Werden die Methoden der Desinformation und der geistigen Manipulation zwecks Diskreditierung auch in den Bereich der Wissenschaft übertragen, dann bedeute das eine Art von sozialer Hinrichtung.
Ist dies erst einmal vollzogen, dann wird der Kritiker zu einem Gegner der humanen und weltoffenen Gesellschaft.
L.F. sieht die Grenze zwischen rechts und rechtsextrem längst aufgehoben.
Konservatives Denken ist dann grundsätzlich ein Denken von „Rechten“, die sich – so der mediale Vorwurf – aus der Diskursgemeinschaft selbst verabschiedet haben.
Die „Elite“ führe einen Kulturkampf zugunsten der eigenen politischen Grundorientierung.
Kontroversen sollen gar nicht erst stattfinden. Bestimmte Interessen sollen gar nicht mehr in den Diskurs eingespeist werden. Darin sieht der Autor den eigentlichen Verrat der demokratischen Idee.
Der Populist wird als negativ konnotierter „Andersgläubiger“ zur allgemeinen Unperson, mit der zu diskutieren allenfalls in therapeutischen Dosen zulässig ist. Er oder sie stehen für fragwürdige Meinungen und Verbreiter von Ressentiments oder negativer Ängste. Man wirft ihnen vor, sie instrumentalisieren die Empörbarkeit und Verletzbarkeit von Menschen.
Konflikt zwischen den „Sinn-Vermittlern“ und den Produzenten des Wohlstandes
Der Autor widmet sich umfänglich den Definitionen der aktuellen Zuschreibungen und Befindlichkeiten, die er als einen Teil des Ausgrenzungsszenarios begreift, welches die notwendige politische Debatte ganz wesentlich behindert.
Er stellt die Frage, ob die Ängste, für die man Populisten verantwortlich macht, nicht eher durch ein massenmediales Warnen vor der Klimakatastrophe oder der exorbitanten Verbreitung von Nazis ausgelöst werden.
Der Populismus-Vorwurf sei ein Reflex von Meinungseliten, die um ihre ideologische Vorherrschaft fürchten.
Interessant sind Fritzes Anmerkungen zu sog. Verschwörungstheorien, die es zwar real durchaus gebe, jedoch greife der Vorwurf zumindest dort nicht, wo bestimmte Sachverhalte unerklärt bleiben, nicht kommentiert werden oder eine Darstellung als alternativlos erfahren.
Indem die Herrschenden in eigener populistischer Anmaßung das einfache Volk und den Stammtisch diskreditieren, wo deren Teilnehmer mit ihrer täglichen Arbeit die Steuern erbringen, von denen die politisch-mediale Klasse lebt, verschärft sich der Konflikt zwischen den „Sinn-Vermittlern“ und den Produzenten des Wohlstandes.
Es sei auch nicht Aufgabe der politischen Wissenschaften, mit in die Kerbe der „Populisten Belehrung“ zu schlagen. Vielmehr sollten die Anliegen verstanden und produktiv gemacht werden.
Das politische Establishment muss Farbe bekennen, fordert der Autor. Es ginge nicht, sich nur auf die eine Seite des politischen Lagers zu schlagen, indem die tendenziös zugerichteten Lagerbegriffe samt ihren ideologischen Gehalten einfach übernommen werden.
Populismus- und Extremismusforschung als eine Art Denunziationswissenschaft
Ein tendenziöses Vokabular sei sogar in die Begriffsbildung der politischen Wissenschaften eingeflossen und habe Teile dieser Disziplin zu Erfüllungsgehilfen einer bestimmten Agenda von politisch-moralischen Grundorientierungen werden lassen.
Es genüge bereits ein begründbarer Zweifel am Integrationswillen der Einwanderer oder der Hinweis auf Parallelgesellschaften, um im „rechten“ Lager verortet und marginalisiert zu werden.
In diesem Umfeld werden Teile der sog. Populismus- und Extremismusforschung zu einer Art Denunziationswissenschaft.
Lothar Fritze beruft sich auf eine Studie zur „Islamfeindlichkeit“, bei welcher die Aussage, der Islam passe nicht zu Deutschland, als das Vorurteil einer „gruppenbezogenen Menschenfeindlichkeit“ gewertet wurde. Eine Aussage, der 83{18423f3510016d69a38748c31b9d3c63e55e56caeb597c341a8ea176480d5299} von 1000 repräsentativ ausgewählten Deutschen angeblich zugestimmt haben.
Dass in diesen Zusammenhang ein Diskurs über den Islam verhindert werde, kann nur im Sinne einer geplanten gesellschaftlichen Umgestaltung begriffen werden, was der Autor mit diesem Bezug so aber nicht wörtlich formuliert, sehr wohl jedoch von einer möglichen Unterwanderung der westlichen Staaten durch den Islam spricht.
Es sei schon irritierend, mit welcher Aggressivität die gutmeinenden Anwälte der „besseren Welt“, sich gegen all jene wenden, die ihrem Anliegen mit Skepsis begegnen, wobei sich die Instrumentalisierung der Moral als eine offenbar unbemerkte performative Selbstwiderlegung offenbart.
Nicht der Normalbürger, der sich in seiner Gereiztheit und Hilflosigkeit schon mal vertue sei das Problem, sondern eine politische Klasse, die derzeit nur sehr bedingt bereit ist, die Sorgen der „Normalbürger“ zur Kenntnis zu nehmen.
Ein in seiner Funktionsweise jedoch dauerhaft gestörtes Herrschaftssystem kann zu einer Gefahr für sich selbst werden.
Der sog. Rechtspopulismus sei auch nicht die Position der gesellschaftlichen Verlierer oder irrational fortschrittsfeindlicher Kräfte, sondern eher die des gesunden Menschenverstandes.
Die Sorge um ein überfordertes Gemeinwesen und die Anhäufung eines kulturellen Konfliktpotenzials größerer Dimension, sowie das Festhaltenwollen am vertrauten Familienbild, machen Träger solcher Überzeugungen zu Parias.
Wenn man ihnen auch noch zu vermitteln versucht, es gebe keine Rassen, reagieren sie eher kopfschüttelnd, weil sie weder wissenschaftsfeindlich noch wirklichkeitsfremd und sehr wohl zu eigenen Unterscheidungen imstande sind.
Was nicht nur den Autor verbittert ist, dass eine politische Klasse ohne Not bereit ist, nationale Souveränitätsrechte an transnationale Organisationen abzutreten und das in einer Weise, die verfassungsrechtlich inkorrekt ist.
Das ist ein betont herrschaftskritischer Ansatz, den man früher eher den Linken zugebilligt hätte, die in ihrer aktuellen Verfasstheit als kulturrevisionistische Bewegung in einem seltsamen Idealismus gefangen sind, der sich mit einem universalistisch-kosmopolitischen Denkansatz als romantischer Weltretter feiern lässt und so die Marx´sche Theorie obsolet werden lässt, was sie offenbar nicht mal merken.
Man kann bei Lothar Fritze ein deutliches Unverständnis herauslesen, welches sich ihm bei der Betrachtung eines „Herdenjournalismus“ vermittelt hat, der offensichtlich weder wahrhaft zu berichten imstande ist, noch eine analytische oder investigative Qualität ausweist, wenn man von wenigen Ausnahmen absieht. Man habe sich vor den Karren der Politischen Eliten spannen lassen. Eine kritische Berichterstattung als Korrektiv sei nicht mehr zu erkennen. Man habe sich auf das Niveau von Volkspädagogen begeben und dies auf allen zentralen politischen Themenfeldern.
Statt das Regierungshandeln kritisch zu hinterfragen, beteilige man sich an der Indoktrination der Bevölkerung und der Halluzination unrealistischer Zukunftsbeschreibungen. Sie (die Presse) sei weitestgehend ein Teil der herrschenden Eliten geworden.
Der Autor meint dazu, sie würden von ihrem Publikum auch so wahrgenommen. Das ist optimistisch, denn gerade das Mittelstandsbürgertum, das sich bildungsbewusst gibt, will sich eher nicht von den Leitmedien trennen, von denen ein Teil vor Jahrzehnten noch regierungskritisch in Erscheinung getreten war.
Die Propaganda der Leitmedien verfange immer weniger, aber man fragt sich, warum dann die Zustimmung zur Merkel-Administration, wie zuvor schon angeführt, bei angeblich gut 60{18423f3510016d69a38748c31b9d3c63e55e56caeb597c341a8ea176480d5299} liegt?
Die Hilf- und Konzeptlosigkeit der politischen Akteure wird eher nicht durchschaut.
Der wirklich große Verlierer ist die SPD, aber wohl nicht wegen ihrer Haltung zur Migrationspolitik, die von ihr mitgestaltet wird.
Sie hat ihre Stammklientel z.T. an Grüne und Linke verloren, wo man zwar auch den Proletarier gegen den Flüchtling und Gender-Minoritäten getauscht hat und dabei die Klaviatur der Klima Rettung bedient, weil das nun mal im Trend liegt, aber das Siechtum begann eigentlich mit der Agenda 2010.
Antifaschismus als geistig-moralische Fundamentalnorm der politischen Kultur
Aktuell beteiligt sie sich auch an den unsubstantiierten Beschwörungen einer angeblich bevorstehenden Wiederkunft des Faschismus.
Dagegen – so der Autor – sei in Deutschland kein Kraut gewachsen.
Wer hier widerspricht, ist ein „Verharmloser der Geschichte“.
Der Antifaschismus als geistig-moralische Fundamentalnorm der politischen Kultur Deutschlands wird zu einem Vehikel, welches solchen Unfug möglich macht.
Die tonangebenden Kreise in Politik, Medien und Sozialwissenschaften hätten es in ihrer haltlosen Rhetorik geschafft, eine Debatte um die wirklich notwendigen Probleme zu ersticken.
Es sei ein Klima der Vorsicht, der Angst und der opportunistischen Absicherung entstanden.
Die Moralisierung politischer Fragen habe (mit Verweis auf Hermann Lübbe(5) sicherlich auch mit dem Versuch zu tun, Orientierungsunsicherheiten mittels moralischer Dezision zu bannen. Das verkenne jedoch die Bedeutung außermoralischer( wahrheitsfähiger) Annahmen und münde in einen Triumph der Gesinnung über die Urteilskraft.
In einer überzogenen Stimmungsmache, die eine Wiederkehr von 1933 beschwöre, werde ein „ausufernder“ Rechtsextremismus und Rassismus herbeigeredet, der in (unbewiesene) Hetzjagden auf Ausländer münde und in einer erschreckenden Leichtfertigkeit Kausalitäten zwischen Äußerungen und Handlungen konstruiere.
Die Rituale einer Dauerempörung seien hinsichtlich der mit ihnen verbundenen Sanktionsdrohungen zwar ernst zu nehmen, würden jedoch zunehmend als lächerlich empfunden. Die Elite befinde sich auf dem Wege der Selbst-Infantilisierung. Es werde dem Hegemon nicht gelingen, sich dauerhaft einer Ideologie zu verschreiben, die den eigenen Untergang garantiert.
L.F. spricht von einer dauerhaften Selbstbeschädigung, wo die Bedingungen für die freie Entfaltung der Einzelnen gefährdet sei zugunsten eines Weltverbesserungs-Furors, der vor keiner tradierten Lebensform mehr halt mache und den freiheitszerstörenden Charakter des eigenen Engagements aus dem Blick verliere.
Wer in dieser Gemeinde der „Gläubigen“ überleben wolle, müsse zu Kreuze kriechen, sich entschuldigen, um Vergebung bitten und sich einsichtsvoll zeigen. Mag der Vorwurf noch so irre sein—-man muss Buße tun.
Abweichler werden exkommuniziert und dies öffentlich zu machen, wäre eigentlich die Aufgabe des Journalismus, der sich jedoch willfährig an der Denunziation beteiligt und als Ideologiewächter in Erscheinung tritt.
Dabei sei der Glaube an eine erfolgreiche Verteidigung ein Irrtum, weil man gegen einen sich selbst fesselnden Hegemon nicht gewinnen kann.
Es gehe nämlich gar nicht um die Klärung von Sachfragen, sondern um die Markierung eines „geduldeten Meinungsterrains“. Es gehe hier nicht um Wahrheit, sondern um Macht.
Die aktuellen gesellschaftlichen Lieblingsthemen hätten mit einer Zukunftsfähigkeit nichts zu tun. Die „Ehe für alle“,“Geschlechtervielfalt“ und „Gleichstellung“ haben hierzu keine Relevanz.
Es falle aber schwer, noch an ein realitätsbezogenes Umdenken zu glauben.
Wenn etwa der Abschuss von Wölfen intensiver diskutiert werde als die unerbetene Einwanderung junger Männer aus fremden Kulturen und man sich über einen Vorschlag zur PKW-Maut echauffiere, während ruinöse Vorgänge in wirtschaftstragenden Industriezweigen von klammheimlicher Freude begleitet werde, dann lägen die Prioritäten offen.
Der Autor nennt Johann Braun(6), dem hinsichtlich der Auffassung zuzustimmen sei, dass in einer im Niedergang befindlichen Gesellschaft, nicht mehr viel zu bewirken sei, weil die hierfür verantwortlichen Ursachen bereits tief in den gewachsenen Strukturen und Mentalitäten verankert seien.
Erst Krisenerfahrungen werden die Problemsicht signifikant verändern. Ein Präsentwerden der Wirklichkeit sei erforderlich.
So lange der Niedergang der eigenen Gesellschaft als Fortschritt gedeutet, Verwahrlosung als Bereicherung verstanden und die Auflösung der Gemeinschaft als Neugründung gefeiert werde, sei es aber sehr schwierig.
Mangel an Realitätssinn, aber „alles Multi“
Die Gesellschaft zerfalle zusehends in unversöhnliche Lager und spalte sich auch real lebenspraktisch.
Die Profiteure der bejubelten Globalisierung werden bemüht sein, die Folgen der entstehenden multirassischen, multikulturellen und multireligiösen Gesellschaften selbst nicht tragen zu müssen. Sie werden sich dem absehbaren Konflikt zu entziehen wissen.
Der Großteil der Bevölkerung werde aber die Veränderungen, die er nicht gewollt habe, irgendwie ertragen müssen und ist dabei zunehmend weniger bereit, auf eine Hoffnung zu setzen, die nicht begründbar ist, eine Agenda zu verfolgen, die nicht die seine ist und er erwartet von einem demokratischen Staat mit Recht, dass die Probleme diskutiert werden, die seiner Lebenswirklichkeit entsprechen.
Der Mangel an Realitätssinn – so der Autor – sei die eigentliche Gefahr unserer Zeit.
Die kulturrelativistischen kosmopolitischen Eliten weisen jeden Einwand, jedes Aufbegehren gegen ihre Agenda zurück, indem sie dies als eine Absage an die „Leitidee eines universalen Humanismus“ interpretieren, dessen no nations – no borders-Parole alle Vorstellungen von einer festen Zugehörigkeit, zu einer biologischen, sozialen, kulturellen, religiösen oder nationalen Gruppe ausschließt und damit auch die Primärorientierung am eigenen Interesse und am eigenen Wohlergehen.
In der öffentlichen Kommunikation hätten die Dummheiten eine geradezu epidemische Verbreitung gefunden. Die Formen der Selbstverdummung seien dabei dem unaufrichtigen Umgang mit der Sprache geschuldet.
Der moralische Universalismus, welcher die eigenen Gruppeninteressen mit denen von Fremdgruppen gleichberechtigt behandelt wissen will, mache moralisch erpressbar, da sich der Gruppenfremde nur in eine reale Hilfssituation zu begeben brauche, um (moralisch) Hilfe zu erzwingen.
Jede Hilfsbereitschaft sei aber vernünftigerweise an Zumutbarkeitsbedingungen gebunden.
Unbeschränkte Barmherzigkeit sei in einer Welt von Millionen von Hilfsbedürftigen ein „Projekt der Selbstaufgabe“.
Die politisch-mediale Elite befinde sich in keinem aufgeklärten und rational entscheidungsfähigen Zustand. Ihr dürfe nicht die Autonomie zugeschrieben werden über das Volk zu herrschen!
Das Volk habe nicht nur das Recht, sondern auch die Pflicht, einen solchen Hegemon abzuwählen.
Dieser entfalte – gefesselt in einem ideologischen Kokon – unweigerlich ein freiheitsgefährdendes Wirken und drohe dabei, institutionelle und menthale Voraussetzungen für ein gemeinwohlförderndes Funktionieren der Demokratie zu zerstören.
Das sind sehr deutliche und erfreulich mutige Worte!
Extremismus des Hegemons
Sämtliche, den Staat konstitutiv verändernden Aktivitäten, müssen öffentlich diskutiert und in Frage gestellt werden können, bevor irreversible Veränderungen eingetreten sind.
In einer machtgestützten Uminterpretation der Verfassung, mit dem Ziel einer Ausgrenzung oppositioneller Einstellungen, sieht Fritze einen Extremismus des Hegemons.
Dahinter stecke die erzieherische Anmaßung einer Selbstlegitimierung, durch vermeintlich „überlegene“ Denkweise und „des moralisch guten Gewissens“.
Sie umgeben sich mit dem Nimbus weitsichtiger Politiker, wobei sie in kognitiver Selbstüberschätzung die Risiken unterschätzen, die mit gewagten Gesellschaftsexperimenten verbunden sind.
Propaganda sei für Interessenvertreter durchaus legitim. Nicht jedoch, diese staatlich monopolisieren zu wollen.
Hat sich ein Ideensystem als Systemideologie etabliert, so gewinnen die Inhalte den Nimbus des Wahren und Richtigen. Abweichende Meinungen geraten dabei zugleich unter Begründungs- und Rechtfertigungsdruck.
An Hochschulen und wissenschaftlichen Instituten seien Vertreter des ideologischen Mainstreams dabei, Forschungsprogramme aufzulegen, die erklären sollen, wie man überhaupt zu abweichenden Meinungen gelangen kann.
Das führe zu (gewollt) psychologischen Deutungen, die als „Abnormitäten“ zu untersuchen und propagandistisch zu bekämpfen sind.
Wer die vom Hegemon in Szene gesetzten Transformationsprozesse nicht teilt, dem wird Rückwärtsgewandtheit und Nationalismus unterstellt.
Ein unhinterfragbar gültiges Ideensystem macht Gegenargumente ebenfalls unhinterfragbar.
Wer sich öffentlich äußern will, muss die dafür vorgesehenen Begriffe und Formeln verwenden. Ansonsten drohe die mediale Hinrichtung!
Kleinste Verfehlungen reichen, um irrsinnige Hysterisierungswellen künstlich zu entfachen.
Das verschwörerische Gerede von der Notwendigkeit einer Einheitsfront gegen die Gefahr von „Rechts“, beleidigt nach Ansicht von L. Fritze den Realitätssinn und ist zugleich ein Teil der Hysterisierung.
Das alles leiste einer Entgrenzung des Extremismus-Begriffs Vorschub, wodurch verfassungsrechtlich legitime Positionen in den Bereich des zu Bekämpfenden abgedrängt werden.
Fritze verweist auf Habermas und zitiert ihn mit der Anmerkung:“ Wer auch nur im Ansatz Gesinnungen mit rechtlichen Sanktionen belegt sehen möchte, der will hinter Hobbes und das bedeutet institutionell hinter eine der fundamentalen, in bürgerlichen Emanzipationsbewegungen errungene Garantien des Verfassungsstaaten zurück (Habermas: Stumpf gewordene Waffen aus dem Arsenal der Gegenaufklärung S. 59).
Alexis de Tocqueville(7) begriff die Methode der Ausgrenzung durch moralische Ächtung als eine Konsequenz der Demokratie (!).
Das zwinge zur Selbstverleugnung, sei vormundschaftlich, demütigend und gelegentlich infantilisierend, meint der Autor.
Eine offene geistige Auseinandersetzung sei in der gegenwärtigen Gesellschaft nicht mehr möglich und (mit Bezug auf den Rechtswissenschaftler Johann Braun) die öffentliche Meinung habe sich zu einer anonymen Gewalt verdichtet, deren Opfer das freie Wort ist.
Angriff auf den freiheitlichen Staat
Im neunten Kapitel greift das Autor in der Überschrift den Buchtitel (Angriff auf den freiheitlichen Staat) auf und referiert die Vorzüge des freiheitlichen Rechtsstaates im Sinne der mit ihm gemachten guten Erfahrungen.
Zugleich wird dabei seine Verletzlichkeit in Krisenzeiten angesprochen, wo eigentlich nur von einer Vertretung der Bürgerschaft (Parlament) oder der Bürgerschaft selbst per Abstimmung festgestellt werden kann und darf, welche notstandlichen, die Demokratie einschränkenden Maßnahmen zu treffen sind.
Es könne nicht angehen, dass Einzelne oder auch größere Gruppen Notfallmaßnahmen fordern bei gleichzeitiger Abwehr einer begründbaren Infragestellung ihrer Notwendigkeit!
Der freiheitliche Staat erhebe keine Wahrheits- oder Geltungsansprüche im Sinne einer Anerkennung der Menschenwürde und des geltenden Rechts.
Seine Garantie des Schutzes von weltanschaulichen und religiösen Überzeugungen, schützt dabei zugleich nicht notwendigerweise sämtliche Handlungen, die sich als Konsequenz aus diesen Bekenntnissen ergeben können. Er hat auch keine volkspädagogischen Aufgaben zu erfüllen und er hat die Meinungen seiner Bürger nicht zu bewerten.
Regierungen liberaler Demokratien haben nicht das Recht, den Prozess der diskursiven Meinungsbildung inhaltlich zu steuern oder zu unterbinden.
Dies geschehe jedoch dadurch, dass die politisch-mediale Elite in der BRD den Staat als Instrument zur politischen Umsetzung ihrer Ideologie missbrauche und dabei seine Ressourcen nutze.
Es sei den Entscheidungsträgern nicht gestattet, die Machtmittel des Staates zu nutzen, um die Chancengleichheit der Mitglieder zu beschneiden.
Der freiheitliche Staat müsse selbst nicht verfassungskonforme Meinungen hinnehmen. Das Recht auf Meinungsfreiheit decke auch die Verbreitung von Irrtümern.
Alle Versuche, das Denken und sprechen im Dienste einer „wehrhaften Demokratie“ zu normieren, können eine Grenze hin zur Etablierung totalitärer Verhältnisse überschreiten.
Der Autor unterstellt, der mündige Bürger sei gar nicht das Ideal des politisch-medialen Komplexes.
Die Neujustierung der politisch-moralischen Grundausrichtung des öffentlichen Bewusstseins, erzeuge einen Legitimationsdruck und verleite die „Eliten“ zu einer vordemokratischen Praxis, einer gezielten Bewusstseinsformung.
Es sei die Frage erlaubt, ob der Staat hier nicht eine milde, nur graduell abweichende Variante von: „Die Partei hat immer recht“ praktiziere.
Dass selbst hochrangige Beamte nach Maßgabe ideologischen Wohlverhaltens ausgetauscht werden, wie der Fall Hans-Gerog Maaßen zeige, mache deutlich, dass diese „Elite“ dabei ist, den Staat zu kapern.
Wenn an Universitäten darüber diskutiert werde, ob man einen promovierten Philosophen, der für die AfD im Bundestag sitzt oder Dr. Thilo Sarrazin überhaupt einladen darf, dann sei das ein untrügliches Indiz eines zivilisatorischen Niederganges.
Kultur-Relativismus und ein supranationales Staatsgebilde
Durch eine selektive Mittelvergabe an wissenschaftliche Einrichtungen, bestimme der Staat mit, worüber in gesellschafts- und geisteswissenschaftlichen Instituten geforscht wird und über die von ihm maßgeblich protegierte politisch-moralische Grundorientierung. Damit hat er zugleich einen indirekten Einfluss auf Forschungsergebnisse.
Fritze erkennt in den schon einige Zeit zurückliegenden Äußerungen von Peter Glotz (SPD) den Ansatz jenes Elitedenkens, das im Nationalstaat und seiner Selbstorganisation die Wurzel allen Übels vermutet und in einem philantropischen Kultur-Relativismus die Weichen für ein supranationales Staatsgebilde stellen will, welches die alte Gesellschaft zertrümmert.
Damit sei schon damals der Feind in der Gestalt der „Neuen Rechten“ bereits ausgemacht gewesen.
Hier sei ein Kulturkampf vor-programmiert, der jedoch zu führen sein wird, weil es darum gehe, wie wir morgen leben wollen.
Es torpediere den Repräsentationsgedanken, wenn unterschiedliche, politisch-moralische Grundauffassungen nicht mehr zur Diskussion gestellt werden.
Diese Methode organisiere eine Unterwerfung und führe zu einer Verschleierung der gesellschaftlichen Probleme.
Eine Gesellschaft, die Konformismus und Opportunismus hervorbringe, erstarre in Selbstlähmung.
Demokratien können nicht nur gewaltsam beseitigt werden, sondern sie können auch prozesshaft zerfallen.
So kann z.B. eine Meinungsvielfalt formal gewährt sein, aber wenn abweichende Meinungen nicht mehr gehört werden, dann wird Demokratie sklerotisch und tritt in eine Epoche des Niederganges.
Die sichtbaren Parteienkrisen im Westen seien kein Betriebsunfall. Die von den „Eliten“ verfolgte Agenda wird von großen Teilen der Bevölkerung nicht geteilt und getragen.
Wenn jedoch dem Mangel an Zustimmung durch Diffamierung und Ausgrenzung begegnet wird und Propaganda und Manipulation den Diskurs ersetzen, so wird der Kulturkampf der Gegenwart auf diesem Felde ausgefochten.
Eine wichtige Aufgabe in diesem Kampf sieht der Autor in der Kennzeichnung des einer Öffentlichkeit aufgenötigten Diffamierungsvokabulars, welches selbst einige Intellektuelle in ihren Sprachgebrauch übernommen haben.
Es müsse deutlich werden, dass die Elite gar keine schlüssigen Argumente benötigt, wenn sie das moralische Diffamierungsvokabular in Szene setzt.
Eine selbstzerstörerische Moralisierung der gesamten Auseinandersetzung sei die Folge und führe zu einem kritikimmunen Schwadronieren.
Das klassische politische Vokabular verliere seinen Sinn. Man setzt sich mit dem Andersdenkenden nicht mehr auseinander. Er oder sie wird „entlarvt“!
Sich diesem oktroyierten Sprachgebrauch zu entziehen sei – so der Autor – eine Frage der Selbstbehauptung und der Bewahrung unserer zivilisierten Standards.
Ausblick
Im Kapitel Ausblick geht L. F. davon aus, dass große Teile der Bevölkerung den tonangebenden Eliten misstrauen und ihrer „großen Erzählung“.
Die Ausrichtung auf Internationalisierung und Globalisierung (die der Autor interessanterweise nicht auch unter einem gewinnbringenden Aspekt für die Kapitalseite beleuchtet), ihre Beerdigung des Nationalstaates und damit natürlich auch der Privilegien, die aus einer Staatsbürgerschaft resultieren, verbunden mit einem Kulturrelativismus und einer no border-no nation-Strategie, ist für L. F. mit einer Geringschätzung der eigenen Kultur ebenso verbunden, wie mit der Neigung, den mühsam erarbeiteten Sozialstaat für die ganze Welt zu öffnen, was ruinöse Folgen haben wird.
Die post-kapitalistische Weltgesellschaft als Lösungsmodell vermeintlich linker Fraktionen, ist ja schon ein wenig verwunderlich, jedoch einem utopischen Überschwang geschuldet, dem das Proletariat nicht kritiklos zu folgen bereit ist.
Die intellektuellen Luftschlösser offenbaren unüberbrückbare Divergenzen und offenbaren die Haltlosigkeit der Projekte, in die man sich verrannt hat.
Obwohl auch eine globale Niederlassungsfreiheit politisch nicht vertretbar ist, weigert sich die politische Klasse, Konsequenzen daraus abzuleiten, anstatt den Diskurs um „Obergrenzen“ als Ausflüchte und unlauteres Sichverweigern zu diffamieren.
Es sei dem Hegemon bislang nicht gelungen, eine allgemein akzeptierte Weltordnung zu entwickeln und er habe es nicht geschafft, ein homogenes kulturelles Bewusstsein hervorzubringen, eine in der politisch-moralischen Grundorientierung übereinstimmende Art und Weise zu denken und zu handeln (….), und sich trotzdem nicht scheut, seine Agenda machtgestützt gegen das Widerstreben breiter Teile des Volkes politisch durchzusetzen.
Der Legitimationsverlust der politischen Klasse ließe sich nur durch eine andere Ausrichtung der Politik minimieren.
Es gelte für alle Institutionen eines freiheitlichen Staates, dass sie politisches Wissen alleine in einer rational nachvollziehbaren Weise zu vermitteln haben.
Es sei nicht seine Aufgabe, unliebsame Meinungen zu verbieten und kritische Nachfragen zu unterbinden, geschweige denn Abweichler zu maßregeln.
Der maßlose Kampf gegen Hassreden und für die Reinheit der Sprache, erzeuge Blockwarte und lasse einen Wächterstaat entstehen.
Die gutmeinenden Gegner der sog. Hassreden sollte man kritisch im Auge haben, weil der Kampf gegen die Diskriminierung im Sinne eines „Reinheitsgebotes“ gewisse „Säuberungen“ nach sich zieht, die auf das Gegenteil hinauslaufen können.
Die politisch-kulturelle Elite gebe sich Wahnvorstellungen hin, Maßstäbe zu setzen, denen nicht widersprochen werden kann.
Die „Rechtgläubigkeit“ und der Bloßstellungseifer der Jünger der PC, habe das Zeug zu der Version eines neuen Tugendterrors.
Wenn eine Elite in einem demokratischen Staat eine ideologische Vorherrschaft etabliert habe, dann verwandele sich dieser Staat in eine „totalitäre Demokratie“.
Die systematische Manipulation durch staatliche Organe zerstöre die Bedingungen für eine Selbstherrschaft des Volkes.
Ziel müsse es sein, nicht einen anderen oder konträren hegemonischen Anspruch zu befördern, sondern die Bedingungen eines ungehinderten Vernunftgebrauchs wieder herzustellen.
Theorieferne Selbstvergessenheit der Linken
L. F. zitiert Herbert Marcuse im Zusammenhang mit dessen Anmerkungen zur Intoleranz gegenüber bestimmten Gesinnungen und Meinungen, wo durch diese die „Befreiung der Menschheit“ hintertrieben werde.
Das war zweifellos eine gewagte Äußerung Marcuses, welche dieser aber angesichts der zu seiner Zeit noch in stattlichen Mengen vorhandenen (richtigen) Nazis gemacht hatte, welche überall im Staatsapparat fröhliche Urständ feierten.
Als ein theoretisch sehr gebildeter (wirklicher) Linker, wäre ihm heute allerdings die theorieferne Selbstvergessenheit der aktuellen Linken kaum entgangen und ihm wäre aufgefallen, in welch abenteuerlicher Weise diese Klientel die Essenz der Aufklärung z.B. durch ihre moralisierende Anbiederung etwa an den vormodernen Islam rundweg verrät.
Es ist deshalb aus der Distanz doch sehr fraglich, ob die aktuelle „Zurichtung der Gesellschaft“ dem Drehbuch Marcuses folgt, wie der Autor unterstellt.
Es hat aus Sicht des Rezensenten eher den Anschein, als ob der nie überwundene und sehr speziell deutsche Idealismus mit seinen stets sehr romantischen Ausformungen den Zeitgeist beseelt. Das war in gewissen Grenzen auch stets eine linke Untugend, weil sie ihn auch mit Marx nicht überwand, wo er in Schillers „Ode an die Freude“ seine ewige kulturelle und mit Beethoven vertonte Gnade findet.
Der slowenische Philosoph Slawoij Zizek bringt zumindest das sehr zentrale Zuwanderungsdilemma auf den Punkt wenn er (nicht ganz wörtlich) anmerkt:
„Die Linken und die Kapitalisten träumen von einer erneuten Integrationswelle, wie man sie mit den Ost-Europäern und den Süd-Ländern schon mal erlebt hat. Diesmal sei das aber ein Irrtum, denn die Muslime werden sich nicht integrieren lassen“.
Das ist wohl zutreffend und berührt hierbei auch die Kapitalinteressen an einer Politik, die sowohl den Wohnungs- und Immobilienmarkt destabilisiert, sowie erstrangig den Rechts- und Verfassungsstaat, sowie vor allem die Sozialsysteme. Wenn diese abgewirtschaftet haben, was bei weiterer ökonomisch unsinniger Zuwanderung der Fall sein wird, dann wird es kein „Zurück“ mehr geben, denn das Wesen der Globalisierung und der (romantische) Traum von gleichen Lebensverhältnissen für alle, bedeutet folgerichtig eine Nivellierung auf sehr niedrigem Niveau. Man wird sich selbstverständlich nicht mehr an einem hohen Standard orientieren können.
Fazit
Ein sehr interessantes, vor allem auch grundrechtsorientiertes Buch, das sich ganz wesentlich dem Zustand der Diskurskultur als einem Motor für Bestand und Erhalt der Demokratie zuwendet, für die kämpferisch einzutreten wäre, bevor es (mal wieder) zu spät ist.
Die durchscheinende Besorgnis des Autors gründet auf den von ihm verorteten Zustand der Gesellschaft, die sich der offensichtlichen Realität verweigert und in maßloser Selbstüberschätzung ein Weltrettungskonzept zur Agenda erklärt hat, der zu folgen in den Rang einer Bürgerpflicht gesetzt ist, obschon die Folgen absehbar ruinös sein werden.
Damit verlässt der Staat seinen wichtigsten Tugendpfad, der ihm durch den verfassungsmäßig festgeschriebenen Schutz der Bürger anheim gegeben ist.
Lothar Fritze
Angriff auf den freiheitlichen Staat
Verlag Basilisken-Presse
260 Seiten / ISBN 978-3-9822234-0-7
Anhang
- Karl Popper: 1902 – 1994
Österreichischer Philosoph mit dem Schwerpunkt der Erkenntnis und Wissenschaftstheorie, der Sozial- und Geschichtstheorie, sowie der politischen Philosophie, wo er den kritischen Rationalismus begründete.Veröffentl. u.a.:
Die offene Gesellschaft/ Logik der Forschung/ Vermutungen und Widerlegungen/ Das Elend des Historizismus/ Auf der Suche nach einer besseren Welt - Pierre Bourdieu: 1930 – 2002
Französischer Soziologe und Sozialphilosoph / Habitustheorie und Kapitalbegriff als Fortentwicklung der Max´schen TheorieVeröffentl. u.a.:
Der feine Unterschied/ Die männliche Herrschaft/ Entwurf einer Theorie der Praxis/ Was heißt sprechen?/ Sozialer Sinn - Jean Jaques Rousseau: 1712 – 1778
War ein Genfer Schriftsteller, Philosoph, Pädagoge, Naturforscher und intellektueller Vertreter der Aufklärung mit großem Einfluss auf die politische Theorie und die Pädagogik, des späten 18., 19., und 20. Jahrh. In Europa.Veröffentl. u.a.:
Der Gesellschaftsvertrag/ Emil oder über die Erziehung/ Die Bekenntnisse/ Einsame Spaziergänge/ Abhandlungen ü. d. Wissenschaft u.d. Künste. - Rolf Peter Sieferle: 1949 – 2016
Deutscher Historiker und Prof. für allgemeine Geschichte / Dissertation über den RevolutionsbegriffVeröffentl. u.a.:
Das Migrationsproblem/ Finis Germania/ Epochenwechsel/ Rückblick auf die Nation/ Die konservative Revolution/ Fortschrittsfeinde?/ Krieg und Zivilisation - Hermann Lübbe: 1926 –
Deutscher Philosoph/ Professor für Philosophie und Theoriegeschichte
Präsident der Allgemeinen Gesellschaft für PhilosophieVeröffentlichungen u. a.:
Politischer Moralismus/ Säkularisierung/ Religion nach der Aufklärung/ Im Zug der Zeit/ Geschichtsbegriff und Geschichtsinteresse/ Ich entschuldige mich/ Zivilisationsdynamik/ Politik nach der Aufklärung - Johann Braun: 1946 –
Deutscher Rechtswissenschaftler und RechtsphilosophVeröffentl. u.a.:
Einführung in die Rechtswissenschaft/ Wahn und Wirklichkeit/ Ein Leben in Deutschland/ Das große Handbuch der Stiftungen - Alexis de Tocqueville: 1805 – 1859
Französischer Publizist, Politiker u. Historiker / Gilt als Begründer der vergleichenden Politikwissenschaft
Veröffentl. u.a.:
Über die Demokratie in Amerika/ Der alte Staat und die Revolution/ Journeys to England and Ireland/ The Recollection/ Writings on Empire and Slavery/ The French-Revolution of 1848