Die Betondenker von links
Die Staatsanwaltschaft fordert für Beate Zschäpe lebenslänglich mit anschließender Sicherungsverwahrung, also die juristisch-gesellschaftliche Todesstrafe, sozusagen als Kompensation für die faktische, die es ja laut Grundgesetz nicht geben darf. Wen hat die Frau je umgebracht? Fragt das noch jemand? Und müsste es nicht zwischen Mördern und Unterstützern einen Unterschied geben?
Die Verteidigung hat noch kein Votum abgegeben. Das Plädoyer folgt bald. Egal wie: 10 Tote in 10 Jahren müssen sich die drei Personen des NSU zurechnen lassen. Die RAF, die übrigens auch ein verdrängtes Resultat der westdeutschen „68er“ ist, hatte es im gleichen Zeitraum auf wieviel ermordete Menschen gebracht?
Und nun sollen drei Individuen (im NS- und SED-Jargon „Staatsfeinde“) Deutschland in seinem Bestand gefährdet haben?
Es hört sich immer wieder bezeichnend einseitig an, wenn politisch linksorientierte Medien verzweifelt erfolglos nach einem „rechten“ Unterstützerumfeld mit vielen Sympathisanten suchen. Die gab es nämlich damals in der BRD und West-Berlin zu tausenden bei der RAF, mit der viele sozialististisch orientierte Linke seinerzeit „klammheimlich“ sympathisierten. Und womöglich mancher roter Redakteur damals auch.
Woher kommt sonst diese Denke? Dutschkes Reden konnte man damals im Fernsehen verfolgen, und ich war schon seinerzeit erschrocken über seine hassvolle Tonlage, denn die erinnerte mich an so manchen braunen Führer der NS-Zeit.
Ein „rechtes“ Umfeld gibt es aber offensichtlich gar nicht. Kein braunes Netzwerk, nichts – außer den drei Einzeltätern, zwei Männern und einer Frau. Möglicherweise ist genau das der Grund dafür, dass der NSU so lange unerkannt blieb, neben einigen schlimmen Kommunikationspannen in den bundesdeutschen Sicherheitsdiensten bei Bund und Ländern. Also muss man als Linke/r weiter den Verdacht schüren („wer waren die Informationsgeber vor Ort?“ usw.), weil man sich einen Alleingang dreier Personen, die vermutlich nicht mal „Mein Kampf“ gelesen haben, nicht vorstellen kann.
Wie frustrierend muss das sein, wenn die Realität die eigene Phantasie einfach nicht abbilden will?
Vielleicht waren die Opfer tatsächlich Zufallsopfer. Das soll ja bei Kriminellen aus anderen Milieus auch öfter passieren. Die Opfer tun einem immer leid – und natürlich gehört ihnen unser Mitgefühl.
Nationale Sozialisten, also Nationalsozialisten (der Terminus Nazis ist eine Erfindung), gibt es hierzulande fast nicht mehr: die NPD ist so gut wie wirkungslos – sogar nach Aussage des Bundesverfassungsgerichtes – andere wie z. B. die rechtsaußenaffinen REP sind auch bedeutungslos. Die demokratische Bürgergesellschaft funktioniert demnach sehr wirksam. Unsere freiheitliche Demokratie und verfassungsmäßige Grundordnung waren und sind gefestigt und nicht im Bestand gefährdet, weder durch die RAF noch durch den NSU.
Also sucht man sich in Politik und Medien Hand in Hand einen neuen Feind, einen Sündenbock:
die Blauen von der AfD! Die etikettiert man munter um in braun, und schon ist die Welt der Linken wieder in Ordnung. Links funktioniert immer mit Umdeutungen und dem Anspruch auf Deutungshoheit über Sachverhalte und Begriffe bzw. Bezeichnungen.
Da gibt es bei der AfD zwar einzelne Rechtsaußen, das stimmt und dann teile ich die Kritik, aber insgesamt sind dort viele Menschen aus unterschiedlichen Motiven und gesellschaftlichen Bereichen als Mitglieder oder Wähler/-innen unterwegs. Ich gehöre (noch) nicht dazu, wehre mich aber gegen die pauschale Verunglimpfung, die Journalisten vor allem der ZEIT, der FAZ, der SZ und der taz immer wieder machen: Alles, was nicht in das eigene Weltbild passt, wird unkritisch pauschal als „rechts“ bezeichnet. Differenzierung? Unerwünscht!
Und rechts ist aus deren Sicht nahe an rechtsextrem oder rechtsterroristisch.
Links = gut, Rechts = schlecht.
So schablonenhaft wird oft berichtet und immer wieder kommentiert. Dieses Schubladendenken ist manchmal grotesk. Aber es hilft offenbar, die Welt in weiß und schwarz, in Gut und Böse einzuordnen. Und genau das werfen die den Blauen vor. Das erinnert mich als Katholik an eine Lebensweisheit aus der Bibel: Man sieht den Splitter im Auge des anderen, den Balken im eigenen Auge jedoch nicht.
Mit einer selbstermächtigt definierten Wächterfunktion von Medien hat das nichts zu tun, mit verfestigten und unkritischen Denkstrukturen aber sehr viel.
So zu denken sollte eigentlich zu denken geben.
LGK
Heute (12.04.2018) wird Joseph Fischer, Bundesaußenminister a. D., 70 Jahre alt. Gratulation! Er lebt heute im sozialen Kapitalismus genau so, wie er das früher als grüner Linker heftig und auch gewalttätig kritisierte.
War er damals glaubwürdiger als heute?