Feministische Allstars!
Wegbereiterinnen XIII – Frauenkalender 2015
Gisela Notz ist mir im Zusammenhang mit der Giordano Bruno Stiftung begegnet. Ich war etwas entsetzt, als ich feststellen durfte dass diese Feministin „Mitglied des wissenschaftliche Beirats der Giordano Bruno Stiftung“ ist.
Das ist eine weitere Recherche wert. Die Giordano Bruno Stiftung bisher nicht als besonders feministisch bekannt. Vielleicht wurde dies aber nicht deutlich genug.
Ein Kleinod habe ich aber bei Gisela Notz gefunden:
einen Frauenkalender.
Leider ist es für Weihnachten schon zu spät.
Den Kalender mit den „Feminist Allstars“ findet man hier:
Gisela Notz (Hg.) Wegbereiterinnen XIII Frauenkalender 2015 – AG SPAK Bücher.
Die im Frauenkalender „Wegbereiterinnen XIII“ vorgestellten Frauen sind:
Cläre Casper-Derfert (1894-1976)
Gewerkschafterin und Kriegsgegnerin im Ersten Weltkrieg
Wikipedia kennt sie nicht; Suchmaschinen kennen sie ebenfalls nur aufgrund einiger weniger feministischer Webseiten, die sich auf den Kalender beziehen. Eine tiefgründigere Recherche schien mir daher überflüssig.
Alis Guggenheim (1896 – 1958)
Jüdin, Kommunistin, Künstlerin, ledige Mutter
Später war sie dann extrem erfolgreich: „Ihre Werke sind zum Teil zu sehen, im Aargauer Kunsthaus und im Israel Museum in Jerusalem.“
Sie war also ledige Mutter und Jüdin. Morgen sind diese Informationen allerdings allesamt wieder weg.
Agnes Humbert (1896 – 1963)
Eine Frau im Widerstand gegen die deutsche Diktatur
Eigentlich: Agnès Humbert
Nach der Besetzung Paris durch die Wehrmacht gehörte Agnès Humbert der Widerstandsgruppe „Musée de l’Homme“ an. Nach Ende ihrer Tätigkeit bei den staatlichen Museen im Oktober 1940 organisierte sie die Verteilung der Zeitung „Résistance“ sowie Fluchtmöglichkeiten bedrohter Mitbürger. Anfang 1941 wurde die Widerstandsgruppe denunziert, ihre Mitglieder verhaftet, Agnès Humbert in ein Gefängnis in Fresnes verbracht. Die inhaftierten männlichen Mitglieder wurden 1942 zum Tod verurteilt und erschossen, die weiblichen als Zwangsarbeiter nach Deutschland deportiert, wo Agnès Humbert zunächst in Anrath, später in Hövelhof interniert war.
Das Patriarchat hat schon damals böse zugeschlagen: Die arme Frau durfte nicht sterben wie die Männer, sie musste weiterleben. Das Patriarchat war schon damals eine ganz üble „sexistische Kackscheiße„.
Rosa Jochmann (1901 – 1994)
Widerstandskämpferin, Österreichische Gewerkschafterin und Sozialdemokratin
1926 besuchte Jochmann den ersten Lehrgang der Arbeiterhochschule in Wien und gehörte zur Elitegruppe des ersten Absolventenlehrganges der Parteihochschule im Döblinger Schlössl. Danach stieg sie rasch bis zur Parteispitze auf. 1932 wurde sie Zentralsekretärin der Sozialistischen Frauen Österreichs, 1933 erfolgte ihre Wahl in den Bundesvorstand der SDAP.
Auch hier: Das Patriarchat war zu dieser Zeit tatsächlich ganz übel. Eine Frau in einer Parteispitze? Zu einer Elitegruppe gehörig? Sowas Dreckiges fällt nur dem Patriarchat ein.
Wilhelmine Kähler (1864 – 1941)
Eine der ersten sozialdemokratischen Gewerkschafts- und Parteifunktionärinnen
Das Patriarchat bleibt die ganze Zeit unbeirrt auf seinem Weg sich als das Widerlichste zu präsentieren, was man sich vorstellen kann. Gerade erst das Wahlrecht aufgezwungen bekommen und schon zur Abgeordneten gezwungen.
Else Kienle (1900 – 1970)
Ärztin und Kämpferin für die Selbstbestimmung der Frauen
Eigentlich: Else Ida Pauline Kienle
Ihre Lebensstationen:
- Kindheit und Jugend
- Erster Ehemann
- Verhaftung
„Da Else Kienle gewerblich illegal Abtreibungen vorgenommen hatte, wurde sie Mitte Dezember 1930 anonym angezeigt. Deswegen wurde sie am 19. Februar 1931 zusammen mit dem Arzt und Schriftsteller Friedrich Wolf verhaftet und saß in Einzelhaft. Else Kienle wurde zu insgesamt 210 Fällen vernommen, jeden Tag mehrere Stunden lang. Als sie am 21. März immer noch inhaftiert war, begann sie einen Hungerstreik. Am Morgen des 27. März fiel sie, bedingt durch die fehlende Nahrung, in eine lange Ohnmacht. Nachdem sie sich geweigert hatte, in ein Krankenhaus eingeliefert zu werden, wurde sie nach vielen Telefonaten des Untersuchungsrichters mit dem Oberstaatsanwalt am nächsten Tag um 16 Uhr wegen Haftunfähigkeit entlassen. Sie beschloss, in Frankfurt am Main eine neue Praxis zu eröffnen, da in dieser Stadt zwei Bekannte lebten.“
Ah ja… Illegale Abreibungen vorgenommen, aber dann noch eine neue Praxis aufgemacht. Patriarchat, Du bist so widerlich….!
„Im Mai 1931 wurden beide sogar von der sowjetischen Ärzte- und Schriftstellerorganisation in die Sowjetunion eingeladen. Als Else Kienle wieder zurückkam, eröffnete sie in Frankfurt in der Bockenheimer Landstraße 63 ihre Praxis. Sie arbeitete aber immer noch am Kampf gegen den Abtreibungsparagraphen mit und nahm weiterhin Schwangerschaftsabbrüche vor. Im Herbst 1932 erhielt sie einen Hinweis, dass sie mit einer erneuten Verhaftung rechnen müsse. Sie fühlte sich nicht mehr sicher und floh über Saarbrücken nach Frankreich. Der Grund für ihre Flucht lag höchstwahrscheinlich darin, dass sie am 16. März 1932 bei der jungen Jüdin Edith Hofmann einen Schwangerschaftsabbruch vornahm und das Mädchen am 6. April 1932 im Langener Krankenhaus aus nicht geklärtem Grunde starb.“
Wahrlich, wahrlich eine Heldin. Abreibung und Feminismus gehören zusammen, das ist klar. Das aber eine solche Person zu derartigen Ehren in einem Kalender kommt… Da fehlen selbst dem Patriarchat die Worte. - Flucht und zweiter Ehemann
Auch in dieser Phase hat sie es besonders schwer. Wikipedia klärt auf, wenn man überhaupt aufgeklärt werden möchte. - Dritter Ehemann
„In einem Golfclub lernte sie den Zahnarzt Dr. Ernest C. Gierding kennen. Er wurde 1937 ihr dritter Ehemann. Allerdings trennte Else sich nach sehr kurzer Zeit wieder von ihm. Nach ihrer Scheidung wurde sie 1938 von ihrem Bruder Otto und ihren Eltern in New York besucht.„ - Vierter Ehemann
- Tod
In Neumünster/Schleswig-Holstein wurde eine Straße nach ihr benannt.
Der Lebenslauf dieser Dame ist allenfalls erschreckend, denn „Allstar-verdächtig„.
Lore Krüger (1914 – 2009)
„Feindliche Ausländerin“, Antifaschistin, Fotografin
Eigentlich: Lore Ottilie Krüger
„Nur 150 Schwarz-Weiß-Fotografien von Lore Krüger sind erhalten, keine Negative, keine weiteren Abzüge oder Skizzen.“
Sollte ich jetzt sterben, gibt es von mir bereits mehr als das Zehnfache an Bildern. Bin ich jetzt Fotograf?
Gertrud Kurz (1890 – 1972)
Sie schrieb als „Flüchtlingsmutter“ Geschichte
Antonina Nikiforova (1907 – 2001)
Russische Militärärztin, Pathologin, Ravensbrück-Chronistin
Ich habe jetzt auf die Schnelle nichts zu ihr gefunden. Nach den ganzen interessanten und spannenden Lebensläufen, neigt sich meine Energie aber auch dem Ende zu.
Aida Overton Walker (1880 – 1914)
Afroamerikanische Schauspielerin, Tänzerin und Choreographin
War eine sehr erfolgreiche schwarze Tänzerin. Offenbar die erste Schwarze, die einen derartigen Erfolg aufweisen konnte.
Ihre Todesursache bleibt wohl eher im Dunkeln. Sie war vielleicht tatsächlich eine Wegbereiterin für schwarze Künstler. Es verwundert allerdings, dass sie keiner allzu große Wikipediapräsenz führt. Dabei ist sie doch gerade sehr prädestiniert für das „etwas andere feministische Nachschlagewerk“.
Bona Peiser (1864 – 1929)
Pionierin der Bücher- und Lesehallen-Bewegung und der Frauenarbeit in Bibliotheken
Immer wenn ich in Bezug auf Feministen von Büchern und Lesehallen lese, muss ich an die ganzen Lesbenbibliotheken denken, die quer über das Land verteilt sind und eine Menge Steuern fressen, denken.
Am 1. Januar 1895 wurde Bona Peiser auch hauptamtliche Leiterin der Bibliothek des VWA, die sie ebenfalls bis zum Ende ihres Lebens betreute, und beide Bibliotheken waren lange Jahre der wichtigste Ausbildungsplatz für viele Frauen, die den bibliothekarischen Beruf erlernen und in Volksbibliotheken arbeiten wollten.
Ich bekomme so langsam das Gefühl, dass das ganze Gerede von der beruflichen Unterdrückung der Frau nicht ganz so zutreffend ist. „Ist ja auch alles lange her, wa?“
Es beginnt aber schon mit dem Wahlrecht. Es wird immer vergessen, dass der gewöhnliche Arbeiter genauso wenig wählen durfte wie die Frau. Es wird immer nur darüber fantasiert, dass alleinig der Frau das Wahlrecht vorenthalten wurde. Das stimmt ja so nicht.
Helene Simon (1862 – 1947)
SPD-Sozialreformerin und führende Theoretikerin der Arbeiterwohlfahrt
Nun ja:
Es gibt das Familienzentrum Helene Simon. Mehr habe ich auf Anhieb nicht gefunden.