Nicht auf unserem Hintern in
beheizten Wohnungen sitzen!
von Michael Mansion
Professor Dr. Dr. Felix Ekardt ist der Meinung, wir können nicht einfach auf unserem Hintern in beheizten Wohnungen sitzen und weiter billigen (?) Sprit tanken, weil wir damit – wie gerade sichtbar – die Despoten dieser Welt pempern.
Das ist eine radikale Haltung, weshalb ihr Respekt gebührt.
Allerdings besteht die Eigenheit der Radikalität als einer Denkkategorie wesentlich darin, dass sie einen zentralen Gegenstand focussiert und dabei zugleich singularisiert. Die Folge davon ist ein Ausblenden randspezifischer Erscheinungsformen, sowohl bei der Betrachtung des radikalisierten Gegenstandes, als auch der möglichen Folgen von solcherlei kategorischem Imperativ.
Festzuhalten ist allerdings in diesem Falle, dass eine kritische Sicht auf Abhängigkeiten durchaus sinnvoll ist. Zu dieser Sicht gehört allerdings zugleich die alte Erkenntnis, dass jede Form eines umfänglich organisierten Handels zumindest auf Dauer zu Abhängigkeiten führt. Es sind exakt solche Abhängigkeiten, die Handelsvorteile mit sich bringen. Dabei zieht sich das Erlangen von Vorteilen wie ein roter Faden durch die Menschheitsgeschichte und kann unter günstigen Voraussetzungen friedlich verlaufen. Muss es aber nicht. Zudem gelingt es in aller Regel auch nicht, den jeweiligen Handelspartner dazu zu bewegen, seinen aus dem Handel mit uns extrahierten Gewinn in einem uns genehmen Sinne einzusetzen.
Vermutlich hat das damit etwas zu tun, dass besagter Handelspartner seine Ressourcen zwecks eigener Nutzung möglichst langfristig sichern will, was in der Regel zu militärischen Ausgaben führt oder auch (gelegentlich) zu kluger Diplomatie, wobei diese die militärische Option nicht ausschließt.
Zumindest ist dies die vorliegend verlässlichste Analyse eines halbwegs gedeihlichen menschlichen Miteinander, welches in der Regel Wohlstand erzeugt.
Nun sollte man (in einer Demokratie) in die unterschiedlichsten Richtungen denken dürfen und dies nicht nur hinter vorgehaltener Hand. Dabei ist die Verteidigung von Ideen auch nicht zwingend an das komplette Durchdenken möglicher Folgen gebunden, zumal diese ja durchaus auch spekulativ sein können.
Schließlich hätte sich vor etwas über zwei Jahren auch kaum jemand vorstellen können, dass sich ganze Völker wegen einer Virusinfektion einsperren lassen und auch dort eine Maske zu tragen bereit sind, wo weit und breit niemand außer ihnen vorhanden ist. Vielleicht ist das aber gar nicht so abwegig, denn wir halten ja auch an roten Ampeln, obwohl (manchmal) weit und breit niemand zu sehen ist.
Das wird zu einem Versuch über Disziplin und damit zu einem Thema für die Soziologie.
Wenn wir also, wie Prof. Ekhardt richtig feststellt, mit einem Handelspartner (auch) dessen militärische Ausgaben und mögliche Aktionen pempern, dann muss ja zunächst einmal ermittelt werden, ob wir das in guter Absicht tun oder halt nur versehentlich als gewissermaßen handelspolitischen Kollateralschaden.
Das Problem, das sich in diesem Zusammenhang für ein rohstoffarmes Land wie Deutschland stellt, ist eine Abhängigkeit, die keineswegs nur auf Brennstoffen beruht, über die es selbst außer Kohle nicht verfügt. Vielmehr ist ein solches Land als Industrienation auf eine sehr umfängliche permanente Lieferkette von unterschiedlichen Materialien angewiesen, die mehrheitlich nicht von ausgewiesenen Demokratien geliefert werden. Ganz im Gegenteil handelt es sich dabei in aller Regel um ziemlich üble Despotien wo unsereins zumindest freiwillig nicht leben wollte.
Diese Einsicht kann, muss aber nicht zur Entradikalisierung der Forderung von Prof. Felix Ekhardt führen.
Sollte sich nämlich die moralische Einsicht durchsetzen, dass man mit denen, die man für Despoten hält, keine Geschäfte machen kann, dann gehört zu dieser Moral zugleich die Erkenntnis, dass man im Falle Deutschlands als Industrienation nicht überlebensfähig ist. Das mag eingedenk bisher gewohnten Wohlstandes bedenklich scheinen, aber moralisch ist es auf jeden Fall heroisch zu nennen. Die deutsche Schuldnation hätte ein für allemal die Möglichkeit, sich von Abhängigkeiten zu befreien, die allesamt schuldbeladen sind und könnte auf diese Weise so etwas wie historische Absolution erlangen.
Das allerdings würde voraussetzen, dass Deutschland im Falle der Verwirklichung dieses verspäteten Morgenthau-Planes noch als Nation erkennbar ist, worauf man sich allerdings weniger verlassen kann, als auf Öl- und Gaslieferungen aus Russland. Sollte es sich nämlich nur noch um eine amorphe und kulturell nicht mehr eindeutig zuzuordnende (bunte) Bevölkerung handeln, dann hätte die Absolution bereits stattgefunden, denn „Dem Deutschen Volke“ kann dann nicht mehr verziehen werden, da es sich bereits abgeschafft hat.
Es darf angenommen werden, dass Professor Dr. Dr. Felix Ekhardt auch mit der Hälfte seines Gehaltes noch auskommt, wenn er nur noch mit dem Rad fährt. Das wird leider nicht allen gelingen und vor allem die Generation Smart-Phone wird an gewisse Grenzen stoßen.
Ihre Opas (also Leute wie ich) erinnern sich noch der Second War-Nachkriegsverhältnisse, wo man mit guter Organisation und Gemüseklauen brauchbar über die Runden kam und mit Zigaretten handelte.
Sie sind heute verpönt, waren damals aber so ein kleines Stück Luxus in einer weitgehend zerstörten Umgebung.
Wir könnten ohne Putin & Co durchaus wieder heizen… ….mit Kohlen natürlich. Auch das muss man dann wollen oder halt auch nicht. Dabei erfriert man allerdings weniger heroisch, als ausgesetzt am K2, am Broad Peak oder am Everest, wo man ja auch garnicht mehr (da zu teuer) hinkommen kann. Die Tour nach Malle kann man auch vergessen, aber vielleicht in den europäischen Süden auswandern, weil man da zumindest nicht mehr erfriert. Natürlich nicht alle, weil es einfach zu viele wären. Das muss noch durchdacht werden!
Friedliche Arbeit auf dem Lande mit substituierender Selbstversorgung auf dem Niveau des frühen 19. Jahrhunderts, während um diese Insel der Seligen der sog. Rest der Welt am Industrieprodukt partizipiert und internationalen Handel betreibt. Ob das abwegig ist weiß ich nicht, denn in einer Demokratie muss man sowas denken dürfen ohne gleich als Nazi beschimpft zu werden.
Die Frage ist viel eher, ob man die eigene Meinung in einem absoluten Sinne als einzig richtig begreift und damit den Rest als falsch. Das zu durchdenken gehört leider auch zur Demokratie.
Michael Mansion