Zeitreise - Faktum Magazin

zeitreise:
2009 –
Hamed Abdel-Samad in der taz

 

Der Islamkritiker Hamed Abdel-Samed hat eine interessante Entwicklung hinter sich. Vom Muslimbruder zum ausdrücklichen Islamkritiker. Ein Artikel in der taz aus dem Jahre 2009 hilft, dies zu dokumentieren. Eine weitere Zeitreise.

taz: Erster Muslim schreibt über Missbrauch
Ich bin zum Wissen konvertiert

Der Artikel beginnt in der taz-typischen Art, Deutschland mit Rassismus in Verbindung zu bringen. Zumindest gibt es die Feststellung, dass ein „Kamelflüsterer“ nun eine Menge Möglichkeiten offen stehen.

(…) Ich las in seinen Augen: Aha, noch ein Kamelflüsterer, der von unserem Wohlstand profitieren will.“ Das war 1995 und plötzlich bestand das Leben des Ägypters Hamed Abdel-Samad aus lauter Möglichkeiten. (…)

Die ersten Schritte in Deutschland machte er klassisch als „südländischer“ Liebhaber einer um 18 Jahre älteren Frau. Er gibt offen zu, dass finanzielle Gründe und weniger die Liebe Grund für die Hochzeit war.

Dokumentiert hat er dies in seinem Buch „Mein Abschied vom Himmel„, das heute anders geschrieben werden würde.

(…) Kurze Zeit später heiratete der 23-Jährige eine 18 Jahre ältere „rebellische linke Lehrerin mit Hang zur Mystik“. Nicht aus Liebe, „sie hatte die Lohnsteuerklasse drei und ich den deutschen Pass vor Augen“. (…)

Trotz allem greift der Reflex im Deutschen den Rassisten zu sehen. Er begründet es über eine Orientierungslosigkeit. Diese kann man ihm als „Wanderer“ von der der islamischen Welt, in die damals wenig islamische hiesige nachvollziehen.

Schreckliche Erlebnisse aus der Kinheit prägen ihn

Er wird mehrfach vergewaltigt und erlebt häusliche Gewalt zwischen seinen Eltern. Häusliche und sexuelle Gewalt sind Tabuthemen in der islamichen Welt. Dies kann zu einer Verstärkung der Traumatisierung durch diese Erlebnisse führen.

(…) Für seinen Zwiespalt hat er gute Gründe: seine eigene Lebensgeschichte. Hamed Abdel-Samad, 1972 als drittes von fünf Kindern nahe Gizeh geboren, Sohn eines sunnitischen Imams, wurde als Vierjähriger von einem 15-Jährigen vergewaltigt, „vor Angst gelähmt rezitierte ich damals aus dem Koran“. Mit elf wurde er wieder missbraucht, diesmal von fünf Jugendlichen auf einem Friedhof. Da gebe es noch eine Szene aus seiner Kindheit, an die müsse er immer wieder denken: Seine Mutter kniete vor dem Vater, schützte nur ihr Gesicht und ließ sich von ihm mit Füßen und Händen schlagen. Sie unterdrückte ihre Schreie, um nicht zu provozieren; nachdem er genug hatte, stand sie wortlos auf. Hamed Abdel-Samad war fromm und bildungshungrig, ein „überzeugter Antisemit“, dann der Aufbruch nach Deutschland, Ausbruch, Zusammenbruch: ein turbulentes Leben, das er nun in einem mitreißenden Buch bilanziert. (…)

Damals konnte die taz noch muslimischen Judenhass und Gewalt gegen Frauen und Kinder feststellen. Heutzutage greift die linke politische Korrektheit, die es untersagt, diese Zustände anzusprechen.

Der Weg zum Islamkritiker

Hamed Abdel-Samad hat einen steinigen Weg zum Islamkritiker hinter sich. Er musste offenbar zunächst radikaler Moslem sein, um derartig das Wort gegen die Religion erheben zu können.

(…) In Augsburg schloss er sich religiösen muslimischen Studenten aus England an, „und ohne es zu merken, wurde ich zum Missionar. Aber damals hätte ich mich jeder Gruppe angeschlossen, ob sie Zeugen Jehovas oder Scientologen gewesen wären. Ich brauchte eine Gemeinschaft, um Entwurzelung, Enttäuschung und Ratlosigkeit zu verdrängen.“ (…)

Was sehr wenige wissen: Der Islam hat ihn bis in die Psychiatrie befördert. Umso bewundernswerter ist sein Engagement in der Islamkritik.

(…) Er litt an Amnesie, Bandscheibenvorfall und Magenblutungen, hörte Stimmen und hatte Halluzinationen, trug „unerträgliche Schmerzen im Herzen“ und musste schließlich in die Psychiatrie. (…)

Der Artikel ist interessant und zeichnet ein detailreicheres Bild als es seine TV-Auftritte und Artikel zeichnen. Das Bild entstammt allerdings aus einer Zeit, in der man die taz noch lesen konnte.