Welt – Gott – Mensch
Eine anthropologische Vorübung

von Ralf Herbig

eine Rezension von Michael Mansion

Ist uns die Transzendenz verloren gegangen und was ersetzt sie? Wie eigentlich entsteht Bewusstsein und welche Realität ist mit ihm erfassbar? Was sind die bestimmenden Elemente unserer Bewusstseinswelt und welcher Beziehungselemente bedarf es hierzu?

Der vom Autor zitierte Mathematiker Felix Hausdorff will nur in der Kontinuität „erfüllter“ Augenblicke einen Bewusstseinsvorgang ausfindig machen.

Außerhalb unserer Bewusstseins erweise sich die Welt als chaotisch, ohne Sinn, Zweck und Ziel.
Für Hausdorff bleibt das menschliche Sein ohne wesentliche Zugriffsmöglichkeiten, ohne das, was eine historische Subjektivität zu nennen wäre. Es gibt kein aktives „Ich“ und das Bewusstsein ist Ausdruck der ihm zuteil gewordenen Zufälligkeiten.

Sein und Zeit gelangen im „Weltkino“ nicht zum Bewusstsein fortschreitender Erkenntnis.

Herbig verweist als Gegenpol auf das Leibnitz´sche Weltbild und will die Möglichkeiten des Individuums als Teil der Geschichte im Erkennen von Wirklichkeit referieren, die zur Konstituierung einer Ordnung fähig ist.

Das transzendente Bedürfnis sucht zugleich nach einer Antwort für die eigene Stellung im kosmischen Reigen.

Im Vorwort ist sehr erheiternd vom angekündigten Katholischwerden (in diesem Falle von Maximilian Krah) die Rede, der konstatiert, dass es langsam ums Ganze geht unter dem Aspekt, dass das, was Europa einmal ausgemacht hat, gerade unter die Räder kommt.

Das gemahnt zu einer gewissen Nachdenklichkeit, woraus so etwas wie eine Draufsicht entstehen kann, so etwas wie eine philosophisch inspirierte Drohne.

Absurde Haken im Zeitgeist

Dass die Wortführer des aktuellen Zeitgeistes immer absurdere Haken schlagen, mag daran liegen, dass sie sich alternativ göttliche Weihen angedeihen lassen. Das erspart ihnen das Katholischwerden und sie bestimmen das Sündenregister. Die Realität kann per Dekret umgedeutet werden.

Da ist dann schon mal der Klimawandel für die steigende Kriminalität in der Hauptstadt verantwortlich.

Ein Schuldkomplex im Gewandt naturalistischer Heilsökonomie tritt als Klimareligion in Erscheinung. Das Zeitgeist-Christentum beruft sich nicht mehr auf Gott, sondern ängstigt mit der Klima-Hölle und der Verpflichtung, auch noch dem letzten Feind der dezimierten Christenheit Zuflucht und Bürgergeld zu gewähren. Der Klimagott hält Gericht mit Kohnendioxyd-Bilanzen, aber er hat keine göttliche Gestalt, weil er die transhumanistische Selbstvergottung einer Elite ist.

Der (Post-) Moderne fehlt der Bezug zur Ewigkeit. Sie ist nicht einmal mehr im Umfeld fluider Geschlechter gewährleistet.

Der westliche Laizismus sitzt in der Patsche und hat die Wahl zwischen Kirche und Umma.

Eine Abgrenzung zur Amtskirchen-Häresie wäre das Gebot der Stunde. Das Abendland kann wieder religiöse werden, aber es fragt sich…unter welchem Banner?

Herbig sieht das liberalistische Prinzip trotz aller Beschwörungen konträr zum abendländischen Menschen. Dieser strebe nach Ordnung, nach Hierarchie und nach Unterordnung unter eine Autorität, weshalb es nicht unmöglich sein kann, dass sich die neoliberale Gleichheitsmär in die Gleichheit der muslimischen Umma verwandelt.

Herbigs Überlegungen zu einem Bedürfnis nach Wertehierarchien

sind hoch interessant und verweisen auf einen blinden Fleck im aktuellen Diskurs.

Wer die Pseudoreligion des Liberalismus nicht aufgebe, werde sich dem Islam unterwerfen, sobald er ihm individuelle Vorteile verschaffe. Das erinnert an Michel Houellebecq.

Der Mensch der technischen Moderne erwartet derweil Erlösung im Transhumanismus und durch KI, wobei das urtümliche und überwunden geglaubte Chaos zurückkehren kann. Staatliche Ordnung kann zum Luxusgut werden, während sich zugleich die Dienstleistungsgesellschaft als Schwindel erweist.

Ob das Christentum nochmals einen Beitrag zur Lebensbewältigung leisten kann scheint fraglich.

Es bedarf der Entzauberung der falschen Theorie und es gilt, das Leben durch die Tat zu heiligen, durch Handwerk, Technik und Kunst. Die digitale Schau hätte der heiligen Prophetie zu weichen.

Die Haussdorf’sche Bewusstseinstheorie scheint erst hundert Jahre nach ihrer Entstehung einen realen Anwendungsbereich zu finden… auf den digitalen Menschen.

Die Theorie von der ewigen Wiederkehr findet ihre Entsprechung auf Youtube.

Neue Initiationsriten werden gefordert und stehen für eine sich neu konstituierende Stammesgesellschaft. Die Häuptlinge tragen keine Tiermasken mehr, aber den Titel von Unangreifbaren, deren Immanenz die Transzendenz verunmöglicht.

Die Ornamente der Kulturen sind die Chiffren transzendenter Symbolik. In der technischen Moderne repräsentiert durch die der Werbeindustrie oder , als Tätowierung, die Fortsetzung einer verflachenden Mystik im adoleszierenden Umfeld.

Immerhin beweise der tätowierte Mensch, dass er kein reines Naturwesen sei.

Aber was macht das alles mit dem gottlos gewordenen Liberalismus und seinen globalistischen Eliten und was mit dem Christentum?

Das christliche Menschenbild bedarf des Mysteriums der Inkarnation und damit der Gegenwart des Heiligen im Bildnis, sagt Herbig. Es ist der legitime Erbe der griechisch-römischen Kultur.

Ob das auch Symbole einer möglichen Re-Christianisierung, ähnlich einiger symbolbehafteter Aktionen von Umweltaktivisten sein könnten, lässt der Autor offen.

Dass Heil von Seelen und Nationen hänge aber davon ab, ob der künftige Mann sich wieder seiner väterlichen Vollmacht bewusst werden wird.

Ein spannendes, philosophisch anspruchsvolles und im Hinblick auf selten ins Feld geführte Überlegungen auch durchaus brisantes Buch.

 


Ralf Herbig

Welt-Gott-Mensch: Eine anthropologische Vorübung

Gliederung in: Vorwort / Drei Kapitel / Literaturverzeichnis

Umfang: 180 Seiten

Verlag Manuscriptum

ISBN 978-3-948075-03-3