Der Artikel erschien zunächst bei der Frau ohne Welt.
Den Feminismus verstehen wir besser, wenn wir kurz zurückblicken und vergleichen. Wie war es früher? Es ist noch gar nicht so lange her, da gab es noch die DDR.
Da waren viele feministische Ziele erreicht und viele Wünsche erfüllt: Abtreibung war legal. Die werktätige Frau war nicht nur in Kinderbüchern, sondern auch im richtigen Leben eine Selbstverständlichkeit. Die Krippe „Juri Gagarin“ war gleich um die Ecke. Die DDR kannte eine bemerkenswerte Kultur „von Frauen“ – zum Beispiel in der Literatur, zum Beispiel Christa Wolf, zum Beispiel Irmtraud Morgner. Es gab keine Probleme mit Pornografie, Prostitution, häuslicher Gewalt oder mit der deutschen Sprache, die noch nicht „geschlechtergerecht“ war. Es gab Förderprogramme für Frauen, sogar eine Frauenquote für technische Berufe. Es gab auch schon die erste Frau im Weltall: Valentina Tereschkowa. Frauenfeinde waren nicht in Sicht, nur Volksfeinde.
Und doch: Es gab einen wesentlichen Unterschied zwischen der werktätigen Mutter im Osten von damals und der Feministin von heute.
Es gab auch einen entscheidenden Unterschied zwischen dem Fräulein der fünfziger Jahre im Westen und der Feministin von heute.
So ein Fräulein hatte ebenfalls viel von dem, was Feministen (angeblich) wollen: Sie war unabhängig, verdiente eigenes Geld, lebte ohne Mann und entsprach ganz und gar nicht dem Rollenklischee der Hausfrau und Mutter. Manche von ihnen legten noch im hohen Alter Wert darauf, als „Fräulein“ angesprochen zu werden. Für sie war es keine Übergangsphase, sondern ein Lebensentwurf.
Was also fehlte dem Fräulein und der werktätigen Mutter aus der Sicht des Feminismus?
Ihnen fehlte der glühende Kern, der vulkanische Hass: die verbitterte Gegnerschaft zu Mann und Kind, die bis zu einer Ablehnung jeglicher nicht ausschließlich weiblicher Gemeinschaft reicht. Diese Feindseligkeit ist – um ein Wort zu benutzen, das ich nicht mag – das „Alleinstellungsmerkmal“ des Feminismus.
Wir verstehen den Feminismus nicht, wenn wir uns bei Wikipedia informieren und da erfahren, dass er aus vielfältigen Strömungen bestehe, die für die Rechte von Frauen einträten. Entscheidend ist nicht, wofür eine Bewegung steht, sondern wogegen sie antritt.
Das hat Hedwig Dohm, die bedeutende Vordenkerin des Feminismus, in ihrem Buch Die Antifeministen schon im Jahre 1901 verraten. Als die „gefährlichsten“ Gegner des Feminismus – so sagt sie es selbst – sieht sie überraschenderweise nicht Männer, sondern Frauen an. Und zwar diejenigen, die mit einem Mann oder sogar mit eigenen Kindern glücklich werden wollen. Diese Lebensmodelle sind ihre Feindbilder. Diese Gegnerschaft sorgt für die eigentliche Antriebskraft des Feminismus, für die „Frauen-Power“.
Es zeigt sich überall. Welches Programm der Frauenpolitik man auch gegen das Licht hält – man erkennt immer dasselbe Wasserzeichen: die Feindschaft gegen Mann und Mutterschaft. Sonstige Forderungen sind lediglich Etappenziele, manchmal nur modische Saisonartikel. Die lieblose, negativistische, letztlich nihilistische Gegnerschaft aber dauert an und bildet den roten Faden. Man möchte sagen: den lila Faden.
Die Absagen an Mann und Mutterschaft gehören zusammen. Mit dem Nein zur Penetration wird beides erreicht: Der Mann wird abgewiesen, und Nachwuchs kommt auf diese Art auch nicht zustande. Hedwig Dohm hatte zwar fünf Kinder, sie sah aber, wie sie in ihrem Buch Die Mütter darlegte, Mutterliebe als lediglich anerzogen an und fand, dass Kinder besser weggegeben werden sollten, damit die Frau berufstätig sein kann.
Erst wenn aus dieser Einstellung ein blinder Fleck wird und eine Frau alles, was mit Kindern zu tun hat, nicht nur kleinredet, sondern gänzlich wegdenkt, erst dann kommt sie auf das schmale Brett – wie man im Norden sagt –, dass Männer und Frauen gleich wären. Hier liegt der Ursprung der feministischen Grundüberzeugung, dass es höchstens einen „kleinen Unterschied“ gäbe, den man genauso gut vernachlässigen könnte.
Wir leben keinesfalls in post-feministischen Zeiten. Der glühende Kern ist noch heißer geworden und der Ton noch schriller. Der Feminismus versteht sich immer noch – und zuallererst – als Kampfansage an die Liebe, wie Shulamith Firestone, die als eine der prominentesten und einflussreichsten Theoretikerinnen gelobt wird, im Jahre 1975 (in den USA schon 1970) in ihrem „Klassiker“ Frauenbefreiung und sexuelle Revolution schreibt: „Die Liebe ist – wahrscheinlich mehr noch als das Kinderkriegen – der Schlüssel zur Unterdrückung der Frauen heute.“
In dem 2011 erschienenen Buch Warum Liebe weh tut von der Kultursoziologin Eva Illouz wird die Liebe – es geht um „romantische Liebe“ – zu einem bloßen Mechanismus, zu einem der „Hauptmechanismen, der Frauen dazu bringt, ihre Unterordnung unter die Männer zu akzeptieren.“
Neuerdings gibt es Formulierungen, die extra in so genannter einfacher Sprache gehalten werden, damit es auch jeder versteht. Dann heißt es so:
Entweder: Feminismus nein, Liebe ja.
Oder: Liebe ja, Feminismus nein.