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Interview zu den Folgen einer vaterlosen Erziehung


dw hat mir eben das Interview Die Sehnsucht nach Vätern ist spürbar und gefährlich zukommen lassen, da ich selbst Vater bin und meinem Sohn ein ähnliches Schicksal einer vaterlosen Erziehung gedroht hat. Aus tragischen Gründen ist dieses Schicksal an ihm vorüber gegangen. Das Familiengericht hatte es aber so vorgesehen.

Daher interessieren mich solche Dinge nach wie vor und ich leide mit jedem Mann, der sein Kind/seine Kinder nicht in dem Maße sehen kann, wie er es möchte und wie es gut für die Kinder wäre.

Das Interview hat allerdings ganz andere Hintergründe und Ziele.

Carina Kerschbaumer hat für die „Kleine Zeitung“ ein Interview mit Josef Christian Aigner, Therapeut und Pädagoge geführt. Es handelt sich um eine Zeitung aus Österreich; daher waren  mir die Beteiligten wohl nicht bekannt. Das Interview kommt auf die wichtigsten Punkte zu sprechen, ist allerdings auch sehr feministisch geprägt. Auf die Eingangsfrage wie viel Vater ein Kind braucht, antwortet Aigner:

In der Forschung hat man jahrzehntelang immer nur die Mängel der Väter untersucht, also die Frage nach ihren Defiziten. Erst in den letzten 15 Jahren hat sich das Forschungsinteresse gewandelt und es wird gefragt, wozu es dringend Väter braucht. Dass es dringend eine Alternative zur Mutter braucht.

Allerdings scheine ich mich in einer anderen Welt  zu befinden, weil ich eben nicht feststellen kann, dass es einen signifikanten Wandel in der Wahrnehmung der Väter gibt. Die letzten „Entschärfungen“ im gemeinsamen Sorgerecht empfinde ich eher als Alibifunktion, um Männer ruhig zu stellen. Eine Mutter hat immer noch alle Hebel in der Hand zu vermeiden, dass der Vater Kontakt zu seinen Kindern hat. Dennoch kann man aus diesen Worten Hoffnung schöpfen, auch wenn es für viele Väter und ihre Kinder schon zu spät ist. Die Aussage, die zunächst sehr positiv wirkt, hat allerdings andere Beweggründe als zu vermuten ist.

Das Interview ergeht sich dann aber wieder einmal darin, Männern die Rolle zuzuschieben, die man Frauen nicht mehr „zumuten“ will: Der Mann soll sich vermehrt um das Kind kümmern, während die Frau arbeiten gehen kann. Es kommt mir wieder einmal so vor, als ginge es gar nicht um das Kind, sondern wieder einmal um die Frau. Der Mann soll Zuhause bleiben, damit die Frau Karriere machen kann. Das, was bei der Frau immer als negativ propagiert wird, wird dem Mann „schmackhaft“ gemacht. Da schlägt doch mein feministisch geprägter „double-standard-Detektor“ an.

Das hat etwas von „Frauen in die Mintberufe„, weil Erzieher ja ein doofer, unterbezahlter Job ist: „Wir brauchen mehr männliche Erzieher!“

Die größten Probleme der Kinder und der Väter kommen aber doch nach Trennungen zustande. Die Problematik wird dann durch Jugendämter und Familiengerichte unterstützt und hervorgebracht. Das Bild vom Vater, der Zuhause bleibt und sich um die Kinder kümmert, ist ein Bild, dass völlig an der Realität vorbeigeht.

Dass an Aigner ein hervorragender Feminist verloren gegangen ist, macht er mit folgenden Sätzen deutlich:

Ja, aber man darf sich nicht täuschen. Oft ist es auch bei fortschrittlichen Männern so, dass bei ersten Schwierigkeiten eine Retraditionalisierung der Beziehung eintritt. Das meine ich nicht moralisierend im Sinne „die faulen Väter“. Es geht um die strukturellen Bedingungen, um die Arbeitswelt und um die Erziehung von klein auf. Dass man beispielsweise Buben ermuntert in erzieherische Berufe gehen. Burschen werden immer noch auf die Macherberufe und Mädchen auf die Sorgeberufe hingetrimmt. Es ist zwar formal möglich, dass Männer in Karenz gehen, aber es wird zu oft noch belächelt und von der Führungsebene misstrauisch beäugt. Fortschrittliche Unternehmen in Deutschland wissen: wer den Kinderzirkus zu Hause bewältigt und managt, ist in einer Führungsposition sozial kompetenter und konfliktfähiger.

In dieser Antwort wird deutlich, dass er eine „feministische Prägung“ hat. „Strukturelle Bedingungen“ kommt mehr als deutlich aus dem feministischen Standardvokabular und hier sagt er es ganz deutlich:
Jungen in die Sorgeberufe, Mädchen in die „Macherberufe„.
Außerdem reichen „erste Schwierigkeiten“, um den Mann wieder zur „Retraditionalisierung“ zu bringen. Ja, der Mann und seine Schwächen.

Hier geht es nicht um die Kinder, die ohne Vater aufwachsen. Hier geht es um eine Umstrukturierung der Gesellschaft: Aus Jungs sollen Mädchen gemacht werden und aus Mädchen sollen Jungs gemacht werden. Pädagogisch ist dies eine reine Katastrophe. Als Therapeut müsste er wissen, dass solche „Umerziehungsmaßnahmen“ oftmals in einer Therapie enden.

Er ist sich aber scheinbar seines Feminismus‘ nicht bewusst oder er täuscht einen Einsatz für Väter gut vor:

Unsere Geschlechterpolitik ist ja fast immer reine Frauenpolitik. Es wird zu wenig für Väter gemacht, aber dann geschimpft, dass sie zu wenig tun.

Müsste er aber nicht eher von Familienpolitik als von einer Geschlechterpolitik sprechen? Geht es bei Vätern, Müttern und Kindern nicht zunächst einmal um Familien? Feministen beziehen auch ständig alles immer auf eine Geschlechterpolitik. Die sozialen Berufe werden z. B. angeblich schlechter bezahlt, weil zumeist Frauen diesen Job machen. und nicht weil diese Jobs als Sparte eben unterbewertet werden. Man betet sich eine Benachteiligung der Frau über die „Geschlechterpolitik“ herbei. So fühlt sich diese Aussage für mich ebenfalls an. Obwohl er ja Recht hat: Es geht bei einer Geschlechterpolitik ausschließlich um Frauen und ihr Wohlbefinden. In diesem Kontext aber vermisse ich die Kinder. Auch die Forderungen Männern mehr Zeit für die Erziehung zu geben, bezieht sich lediglich darauf, Frauen mehr Zeit für die Karriere einzuräumen. Es wird komplett am angeblichen Thema des Interviews vorbeigeredet.

Allerdings merkt er an, dass Männer ständig unter dem Generalverdacht des Kindesmissbrauchs stehen und dies eher schlecht für Attraktivität des Jobs als Erzieher ist. Ich dachte eigentlich, dass wir Männer eben nicht grundsätzlich Kinder missbrauchen und nicht erst, wenn es darum geht, Erzieher zu werden. Er spricht immer wieder wahre gesellschaftliche Mängel an, um dann aber immer wieder feministisch abzubiegen. Gilt der Mann nicht mehr als Kindesmissbraucher, kann er Erzieher werden und die Frauen gehen halt in die s. g. MINT-Berufe. Es sollte doch viel mehr verurteilt werden, dass Männer überhaupt ständig und immer als Täter gelten.

In Wiener Kindergärten haben manche die Hausordnung, dass ein männlicher Kindergärtner die WC-Türe offen lassen muss, wenn er mit einem Kind auf die Toilette geht. Das wird gemacht, um die wenigen männlichen Mitarbeiter vor Hysterie zu schützen. Es gibt bereits den Generalverdacht, dass Männer gefährlich sind. Man soll also in einen Beruf gehen, wo man von vornherein als gefährlich gilt?

Schließlich will er Männer unter Druck setzen:

Es ist notwendig, die Männer positiv unter Druck zu setzen, um aus der alten, konservativen klebrigen Männerrolle herauszukommen.

Spätestens jetzt fragt man sich, was das Interview mit dem Thema des „vaterlosen Aufwachsens von Kindern“ zu tun hat.

So richtig abenteuerlich wird es, wenn „Kindergartenprofis“ mit leiblichen Vätern gleichgesetzt werden:

Und deshalb fordern Sie männliche Kindergartenprofis?

AIGNER: Ja, Kinder brauchen Väter. Die Mädchen haben ihr Identifikationsobjekt fast immer zur Verfügung, die Buben nicht…

Es geht nicht um die leiblichen Väter, es geht um „Kindergartenprofis“ als Vaterersatz. Hauptsache das Kind hat am Tag Kontakt zu einem Mann. Der leibliche Vater – was ist mit dem?

Schließlich sind dann manche Väter noch an manchem Rechtsradikalen schuld:

Ich habe mit Rechtsextremen geforscht. Sie hatten alle in einer gewissen Art einen Versagervater, an dem sie sich nicht abarbeiten konnten. Dann kommt irgendeiner und gründet eine radikale Gruppe und sie unterwerfen sich ihm geradezu lammhaft. Das sind Rockertypen, die dann plötzlich wie kleine Buben einem Gefolgsmann nachlaufen. Da sieht man dieses Defizit an glaubhaften Autoritäten, wie es Väter sein können.

Natürlich kann hier nur der Mann als Vater versagt haben. Frauen, die bisher den Großteil der Erziehung inne hatten, können natürlich gar nichts mit sozialisierten Defiziten zu tun haben. Nein, Mütter sind Frauen. Frauen haben allein durch das angebliche Patriarchat keinerlei Verantwortung zu tragen – auch nicht für eine vermurkste Erziehung der eigenen Kinder.

Zum Abschluss gibt es dann wieder Worte als Alibi, um den Anschein zu wahren, man würde sich für Väter einsetzen wollen:

Nein, das muss es nicht, aber wenn man die Daten von internationalen Studien anschaut, ergibt sich doch ein sehr klares Bild: 90 Prozent der Ausreißer sind vaterlos, 85 Prozent der jugendlichen Häftlinge sind vaterlos oder in schwierigen Vaterbeziehungen, 75 Prozent der Drogenabhängigen in Suchtabteilungen sind vaterlos. Da wird deutlich, dass etwas fehlt. Ich will damit nicht alleinerziehende Mütter diskriminieren, aber sie haben es wahnsinnig schwer. Das Fehlen eines Vaters sollte man nicht dramatisieren, aber auch nicht bagatellisieren. Kinder brauchen Väter.

Na, immerhin kann er Zahlen, Daten und Fakten zumindest erkennen. Leider schließt er mit seinen „Kindergartenprofis“ aber die falschen Schlüsse daraus. Seine Kindergartenprofis sollen ja Väter ersetzen. Wahrscheinlich damit es alleinerziehende Mütter nicht mehr so schwer haben.

Nach diesem Interview frage ich mich nun allerdings, wo hier die Kinder ausreichend behandelt worden sind. Es geht um Kindergarteprofis als Ersatz für richtige Väter, eine Geschlechterpolitik, die sich eher positiv auf Frauen und deren Karriere auswirkt, um Rechtsradikale, die durch „Versagerväter“ entstanden sind… Wo aber sind hier die Kinder? Wo sind die Qualitäten, die Väter haben? Dass alleinerziehende Mütter es schwer haben, wissen wir. Ein Mancher von uns aber weiß auch, dass Vätern oftmals allein durch den Staat in Zusammenarbeit mit den Müttern, die Chance genommen wird, auch wirklich Vater zu sein.