Grüße vom Dauernazi
Eine Glosse
von Michael Mansion
Eine Glosse
von Michael Mansion
Der bekannte Spruch, dass derjenige, der sein Fähnchen nach dem Winde dreht, in der Regel ein erfolgreiches Leben führt, ist so etwas wie eine Bauernweisheit für den Alltag. Im Grunde geht es dabei um die Erkenntnis, dass man sich nicht allzu sehr mit den jeweils herrschenden Verhältnissen anlegen sollte, wenn sie einem auch nicht passen. Das schadet der Gesundheit.
In diesem Falle lautet die Strategie, man möge eine möglichst stressfreie und angepasste Lösung für sich selbst finden, auch wenn sie den Verrat der eigenen Werte (falls vorhanden) teilweise einschließt. Totalverrat ist immer schwierig, wird aber gelegentlich auch geleistet, was von der Höhe der Belohnung abhängt.
Moralisten unterstellen in solchen Fällen Charakterschwäche ohne zu definieren, wo ihrer Meinung nach die Grenze zwischen Charakter und Überlebenswillen verläuft. Manchmal ist es auch nur eine Grenze zwischen schlechter und guter Bezahlung.
Als nach dem 2. Weltkrieg mit alliierter Hilfe die Bundesrepublik Deutschland aus der Taufe gehoben wurde, da haben wir uns gelegentlich darüber gewundert, wie schnell ehemalige Top-Nazis wie die Herren Globke, Oberländer oder der Herr Filbinger, hohe Beamte oder große Teile der Justiz wieder würdevolle Ämter bekleideten, wofür es eigentlich nur zwei Gründe geben konnte. Entweder handelte es sich um eine bewusste und von den Alliierten durchaus geduldete (oder gewünschte?) Entscheidung oder diese Leute waren über Nacht geläutert.
Dafür wäre es allerdings erforderlich gewesen, eine Entnazifizierungsmaschine in Gang zu setzen, die wie eine Gehirnwäsche hätte funktionieren müssen und für ein solches, dabei erforderliches Waschmittel, gab es die chemischen Voraussetzungen nicht.
Man hatte bislang bei der I.G. Farben ja eher ganz brauchbare Erfahrungen mit Pestiziden, aber lassen wir das mal, denn die besagten Herrschaften sind mittlerweile verstorben und mit ihnen ihre etwas krude Geisteshaltung.
Seitdem sind einige Bundesregierungen dahin gegangen, ja sogar der gescheiterte Versuch, einen explizit antifaschistischen Staat auf deutschem Boden mit der Vorgabe zu installieren, dass ein solcher Staat ganz wesentlich nur sozialistisch sein müsste, womit man zugleich auch alle Verpflichtungen abgedeckt sah, wenn man mal von den Reparationskosten an die Russen absieht, die dort unter dem Synonym der bruderschaftlichen Zusammenarbeit liefen.
Irgendwie schienen wir aber die Nazis los geworden zu sein. Ein wirklich sehr kleines Häuflein, das sich etwas missverständlich mal als Republikaner und dann als Nationaldemokraten bezeichnete, genoss durch die Infiltration mit Beamten des Verfassungsschutzes einen gewissen Bestandsschutz und weil ein Verbot nicht stattfand (oder stattfinden konnte) eine quasidemokratische Legitimation in einem Lande, in dem es nicht verboten schien, auch in sehr unterschiedliche Richtungen zu denken.
Ein bisschen gefährdeter waren eher die marxistisch orientierten Wissenschaftler wie etwa Frank Deppe, deren Lehrstühle man einfach nicht mehr besetzte oder die Studenten vom MSB (Marxistischer Studentenbund Spartacus) die jeden Linksterrorismus entschieden ablehnten und offenbar gerade deshalb für gefährlich gehalten wurden, was zumindest einigen von ihnen Berufsverbot eintrug. Leute, die beim KBW (Kommunistischer Bund Westdeutschlands) oder bei den Maoisten waren, konnten dagegen sogar Minister werden!
Wer (gutbürgerlich) etwas auf sich hielt, bekannte sich zum Liberalismus als einem privilegierten (besitzelitären) Standort und Standpunkt, der sich wesentlich dazu bekannte, alles beim Alten zu lassen und sich als in der Mitte befindlich zu begreifen.
Die gesellschaftliche Mitte wurde gewissermaßen zum Aushängeschild von Anstand und Zugehörigkeit (manchmal zur FDP), zu etwas, was man Klasse zu nennen sich (anständigerweise) verbot.
Eine gar kosmologische Vorstellung, dass allzuviel Massekonzentration in einer vermeintlichen Mitte ein Schwarzes Loch zur Folge haben kann, würde hier zu weit führen, wenn man denn einen gesellschaftlichen Stillstand nicht in eine solche Nähe rücken will.
Immerhin ist einiges verschlafen worden, wenn man z.B. an so interessante Erfindungen wie den Computer denkt, woraus dann andere etwas gemacht haben und an der jetzt so viel beschworenen Digitalisierung werden hierzulande nur wenige Leute richtig was verdienen, weil der Rest schlichtweg arbeitslos wird.
Dagegen kann man sich schon Sorgen machen, wenn eine Industrienation nicht mehr imstande ist, innerhalb von 10 Jahren einen Hauptstadtflughafen fertig zu stellen und an der Erneuerung des Stuttgarter Hauptbahnhofs nahezu scheitert.
Wenn dann zugleich mit Vehemenz auch noch die Sachen bekämpft werden, die (wie der Hochleistungs-Diesel) bislang ganz gut funktionierten und ebenso ohne Alternative sind wie die vielleicht bittere Erkenntnis, dass wir an einer verbesserten Atomenergie nicht vorbeikommen werden, müssten die Alarmglocken läuten.
Die Glocken läuten tatsächlich, aber es sind vornehmlich die der sich fortschrittlich wähnenden evangelischen Kirchengemeinden, wenn sie zu den grünen Messen der christlich-islamischen Weltrettung rufen und den Herrn um festes arktisches Eis bitten.
Nun war es bekanntlich nie so einfach, sein Fähnchen nicht nach dem Winde zu drehen und man kann auch nicht behaupten, es sei in der Nachkriegszeit grundsätzlich und in einem demokratischen Sinne ungefährlich gewesen.
Aktuell gibt es aber eine neue Dimension von Generalverdacht, welche wohl die meisten kritischen Geister unter uns nicht für möglich gehalten hätten, waren wir doch bislang eher daran gewöhnt, dass fundierte Gesellschaftskritik (so man diese Bezeichnung gelten lassen kann) eher in einem ökonomischen Sinne links konnotiert war.
Kluge Konservative sahen zugleich schon sehr lange eine sich individualistisch entgrenzende, nicht mehr republikanisch zu nennende Haltung zum Staat und zu einer verpflichtenden Gesellschaftlichkeit als Zusammengehörigkeitsgefühl und Grundlage einer nationalen Verfasstheit.
Diese (berechtigte) Besorgnis unter Verweis auf die Erwähnung der „nationalen Verfasstheit“ unter das Verdikt eines sog. Rechtspopulismus zu stellen, gehört zu den Grundtorheiten eines Verständnisses von Nation, welches diese nur als einen egozentrischen und ausgrenzenden „Ismus“-Raum zu begreifen imstande ist und zugleich ein großes historisches Missverständnis offenbart.
Dies wiederum ist der Grund dafür, einer „Überwindung“ der Nationen das Wort zu reden und jede Kritik (daran) als antieuropäisch zu denunzieren.
Ist schon diese Denunziation die Folge eines Mangels an demokratischem Bewusstsein, so offenbart die zunehmende und medial befeuerte Bereitschaft, eine substanzielle Kritik an offiziellen Regierungsstandpunkten zu so unterschiedlichen Themen wie Gender, Klima, Europa, Migration oder Energiewende generell als „Rechts“ zu definieren, um sie damit als quasi kryptofaschistisch nicht nur zu ächten und, was viel schlimmer ist, dem wissenschaftlich (noch) zugänglichen Raum zu entziehen, einen bislang einmaligen Skandal in der Nachkriegsgeschichte der BRD.
Die Kritiker werden automatisch unter einen Generalverdacht gestellt, der auf gleich mehreren Ebenen virulent wird.
Die vollständig fehlende (vor allem korrekt wissenschaftliche) Begründung, was denn eigentlich die Kriterien für Rassismus oder Faschismus (wirklich) sind, hat längst zu einer inflationären Begriffsverwirrung geführt, in deren Folge es nicht mehr möglich sein wird, einen dringend erforderlichen Diskurs (hierzu) überhaupt führen zu können.
Der Kritiker mutiert zum Dauernazi und hat zwei Möglichkeiten. Entweder er radikalisiert sich oder er gibt auf.
Das politisch erkennbare Ziel ist die Bestrebung, ihn zur Aufgabe zu zwingen, was einmal durch gesellschaftliche Ausgrenzung, Bedrohung der ökonomischen Existenz, sowie durch strafrechtliche Maßnahmen (siehe neue Gesetzesvorlangen) in Szene gesetzt wird.
Hierbei wird zugleich eine diffuse Rechtslage entstehen, wenn der Richter im Einzelfall nachweisen soll, wann welche Aussage etwa in einem eindeutig rassistischen Kontext steht, wenn dieser (wissenschaftlich) weiterhin an die bislang unbestrittene Theorie der/einer genetischen Zugehörigkeit gebunden ist, die der „Täter“ eventuell als minderwertig denunziert hat, denn nur dann ist es Rassismus.
Sollte dies juristisch aufgeweicht werden, kann jede Religions- u.o. Kulturkritik in den Rang von Rassismus erhoben werden und wäre aus der historischen Sicht durchaus mit dem NS-Ressentiment gegen die Juden vergleichbar.
Dieser völlig auf den Kopf gestellte Antifaschismus ist das (gefährliche) Paradox dieser Zeit, indem er nicht mehr zu erkennen imstande ist (oder will?), woher die reale Bedrohung des säkularen Rechtsstaates kommt und wie dem angemessen demokratisch zu begegnen wäre.
Der Nazi- und Rassismus-Vorwurf gegen die mehrheitlich verfassungstreuen Bürger, denen zu 20{18423f3510016d69a38748c31b9d3c63e55e56caeb597c341a8ea176480d5299} (Der Spiegel) auch noch der Vorwurf eines Antisemitismus angehängt wird, welcher eine gravierende gesellschaftliche Spaltung vollzogen hat, soll offensichtlich einen Prozess verhindern, der staatliches Handeln alleine auf der Ebene des Grundgesetzes möglich werden lässt.
Beim derzeitigen Stand der Dinge kann der Bundesregierung empfohlen werden, die Bürger dieses Landes grundsätzlich zu Nazis zu erklären. Das vereinfacht vieles, wenn es zugleich jedem Bürger freigestellt wird, kostenlose Entnazifizierungskurse zu besuchen, die ihn oder sie (bei richtiger Beantwortung aller gestellten Fragen) von jeglichem Vorwurf frei sprechen.
Was wir dann mit dem verbliebenen Rest machen, entscheidet sich bei Anwendung der noch gültigen Feindstaatenklausel, wonach diese bei einem erneuten Erstarken des Faschismus durch die Siegermächte in Anwendung zu bringen ist. Die Rest-Nazis könnten dann zum Tragen eines blauen Sterns verpflichtet werden, auf dem nicht Jude, sondern Nazi steht.