Eine Rezension des Buches Ideologiekritik am Feminismus“ von Jan Deichmohle.
Wer sich mit dem Geschlechterkonflikt beschäftigt, stößt schnell auf zwei rivalisierende Sichten. Zum einen die Perspektive des Feminismus, die unter einem „modernen“ Deckmantel auftritt und zum anderen die Sicht seiner Kritiker, die als rückwärtsgewandt gilt. Der Widerstreit zwischen den beiden Standpunkten scheint unendlich zu sein. Ein Zuschauer gewinnt den Eindruck, dass es keine endgültige Lösung des Problems gäbe.
Dazu schreibt der Autor:
„Die Buchreihe ist Teil des Projekts, die Behauptung zu widerlegen, Frauen seien unterdrückt gewesen, und nachzuweisen, daß Frauen dominant und Männer in allen Zeiten benachteiligt oder unterdrückt waren. Alle Voraussetzungen des feministischen Gebäudes waren falsch, somit sind alle feministischen Begriffsbildungen und Themen bereits irreführend. Das feministische Weltbild mitsamt darauf gründenden Kampagnen fällt wie ein Kartenhaus zusammen.
Stattdessen wird eine deutliche Benachteiligung und Unterdrückung von Männern deutlich, die sich genetisch bis in die Urzeit nachweisen läßt.
Rückwärtsgewandt ist Feminismus, der menschliche Kultur und Ausgleich zusammenbrechen ließ und uns Zeitalter zurückwirft.Daher ist ein neues, wissenschaftlich begründetes Gebäude zu errichten, beginnend mit neuen Begriffen, Themen und Ansätzen. Dieser Versuch macht die Reihe zugleich interessant und anspruchsvoll, denn die üblichen Begriffe und Ansätze werden verworfen und durch neue ersetzt. Ob und wie weit solche Ansprüche erfüllt wurden oder nicht mögen Leser selbst beantworten, und sie sind aufgerufen, beizusteuern, was in der Reihe nicht geglückt sein mag.”
Jan Deichmohle sucht den Weg durch das Dickicht empirischer Belege und vorgefasster Meinungen. Er setzt sich unvoreingenommen über akzeptierte Sichtweisen hinweg und ordnet die üblichen Festlegungen des Geschlechterverhältnisses neu. Der Autor hat keine Scheu traditionelle mit modernen Elementen zu kombinieren. Dabei geht er wie ein Forscher vor, der methodisch und assoziativ ein neues Forschungsfeld absteckt. Die Strenge seines wissenschaftlichen Vorgehens zeigt sich in seiner Wortwahl, wenn sie, abwägend und klar, die Analyse empirischer Belege vornimmt.
Der Untertitel des Buches spricht vom Krieg. Für das Buchcover wählt der Autor ein für das moderne Auge provokatives Bild einer Familie aus antiker Zeit. Familie wird durch den Feminismus hinterfragt und zerstört. Das Bild der Familie wird durch feministische Propaganda zerstört.
Der Krieg ist nicht als Anklage und Schuldzuweisung gemeint, sondern hebt die Falschheit eines Konzeptes hervor, welches das Geschlechterverhältnis als Gegensatz oder Konkurrenz beschreibt.
Der Angegriffene in diesem Krieg ist der Mann, die Natur und die menschliche Kultur. Wer jetzt erwartet, der Autor würde das Bild des Krieges benutzen, um seinerseits Krieg gegen die Frauen zu propagieren, wird bei ihm nicht fündig. Jan Deichmohle will nicht gegen die Frauen kämpfen. Im Gegenteil: er möchte die verschüttete Liebe und Kultur der Geschlechter wiedererwecken.
Deichmohle nimmt es mit den Konsequenzen seiner Analyse auf. Eine Konsequenz ist, die vom Feminismus bewirkten Zerstörungen rückgängig zu machen. Doch wie soll das gehen? Wenn die Kultur der Gegenseitigkeit und ihr sprachlicher Ausdruck zerstört wurde, wie ist ein Sprechen über die Verbundenheit der Geschlechter noch möglich?
Wie kann jene Kultur und diese Sprache wieder erweckt werden? Dazu baut Jan Deichmohle
„eine neue Denkweise, ein neues Argumentationssystem oder einen neuen wissenschaftlichen Ansatz. Das erfordert ein Hinausdenken aus dem Käfig des feministischen Weltbildes, sodann ein Hineindenken in eine neue, logische und wissenschaftlich stimmigere Sicht.”
Ich hatte schon gute und wichtige Bücher zum Geschlechterverhältnis gelesen. Sie hatten meine Einschätzung der Lage zum Geschlechterverhältnis bestätigt und vertieft. Meistens wurde in den Büchern das Thema durch Anekdoten und unterhaltsamen Formulierungen angereichert.
Mit dieser Erwartung ging ich ans Werk bei Jan Deichmohle. Doch hier passierte etwas, was als Idealfall bei der Rezeption von Literatur angesehen werden kann: das Lesen dieses Buches hat mich verändert. Der Inhalt des Buches floss nicht butterweich durch meine Synapsen, um sich als Argumentationsreservoir irgendwo im Hirn abzulegen. Der Text sperrte sich. Aber warum? Hier waren keine übermäßig verschachtelten Sätze, keine Fremdwörter, keine unlogischen Sprünge. Der Autor schreibt verständlich, aber als Leser hatte ich das Gefühl, das wesentliche zunächst nicht begriffen zu haben. Als ich jedoch dem roten Faden auf die Spur kam, verwandelte sich der Text von einer beliebigen Beschreibung eines Sachverhalts zur Realität.
Sein Stil ist notwendig assoziativ, weil er neues Terrain erkundet. Dadurch stellt der Autor überraschende Verknüpfungen her, die vorher nicht sichtbar waren. Er prägt neue Begriffe, die er konsequent verwendet: schiefe Wahrnehmung, Tausch und Ergänzung sind Beispiele seiner Terminologie. Er muss so vorgehen, denn:
„Es braucht also ein oder mehrere Generationen, bis natürliches Gefühl wieder reifen kann. Stell dir vor, wir wären von Kulturrevolutionären ohne Sprache erzogen worden, könnten nicht sprechen, hätten weder Worte noch Sätze. Wir müssten erst eine neue Sprache erfinden, bevor wir uns wieder normal verständigen können! Genau diese Situation ist sozial zwischen den Geschlechtern eingetreten.“
Die grundlegende konzeptionelle Arbeit befindet sich im ersten Band. In dem vorliegenden Band II wird der Kampf gegen das natürliche Verhältnis zwischen Männern und Frauen dargestellt. Dabei orientiert sich der Gang des Buches am Auftreten dieses Kampfes. Er untersucht die dort verwendeten Begriffe und beschreibt die Zersetzung des Wissenschaftsbegriffs, die Verzahnung der drei feministischen Wellen, die Veränderung des Gleichheitsbegriffs, sowie Kampagnen, die das Ziel haben, Aspekte der Männlichkeit zu hinterfragen. Das Buch schließt mit einem Nachwort. Auf einen Ausblick verzichtet der Autor jedoch. Ein Ausblick aus seiner Perspektive würde Schlüsse enthalten, die dem aktuellen Zeitgeist diametral entgegenstünden und eine sorgfältige Erarbeitung in einem zukünftigen Buch erforderlich machten.
Dieses Buch sei jedem empfohlen, der sich unvoreingenommen fragt, wie Mann und Frau wieder zueinander finden könnten. Wer bei den aktuell geläufigen Antworten den Eindruck hat, die Hauptsache werde nicht getroffen, findet das Bindeglied möglicherweise bei Jan Deichmohles derzeit vierbändigem Werk, das das Verhältnis der Geschlechter wissenschaftlich erforscht. Es ist ratsam, mit dem zweiten Band Ideologiekritik am Feminismus“ zu beginnen, weil er leichter zu lesen ist, als der erste Band „Kultur und Geschlecht“, der die wissenschaftlichen Grundlagen erarbeitet.