Wir wollten diesen Artikel eigentlich nicht behandeln. Nach einer Nacht des Schlafens allerdings ärgert dieser Artikel aber mehr als gestern. Der Spiegel zeigt sich in seiner deutlichsten sexistischen Form. Spricht er in seinem Artikel Unicef-Report zu Gewalt gegen Kinder: Jedes vierte Mädchen wird zum Opfer am Anfang noch neutral:
Schläge, sexueller Missbrauch und Psychoterror: Unicef hat eine weltweite Studie über Gewalt gegen Kinder und Jugendliche vorgelegt. Die Ergebnisse sind erschütternd.
Bestätigt er im folgenden Artikel die Überschrift, die sich auf Mädchen bezieht.
Kinder haben aber zwei Geschlechter. Mädchen sind Kinder und Jungs sind auch Kinder.
Zunächst einmal stellen wir entsetzt fest, dass das Wort „Junge“ kein einziges Mal in diesem Artikel fällt. Das männliche Geschlecht kommt ausschließlich als Täter vor. Um die Zahlen der Gewaltopfer unter Kindern größer erscheinen zu lassen sind die Zahlen der männlichen Opfer natürlich in den genannten Zahlen enthalten, sie werden allerdings nicht erwähnt.
Es ist stark anzunehmen, dass Jungs international viel mehr unter der Prügelstrafe leiden als Mädchen. Weiterhin ist anzunehmen, dass mehr Frauen ihre Kinder schlagen als Männer. Das liegt zum Teil an den Gelegenheiten und auch zum Teil daran, dass Kinder einfach Aggressionen abfangen müssen. Es bringen schließlich auch mehr Mütter ihre Kinder um als Männer.
Das alles wird verschwiegen. Es werden Jungs nichtmals erwähnt. Es geht schließlich um das Zelebrieren der Frau als Opfer. Männer finden nur als Täter Erwähnung. Leider konnten wir nicht feststellen, wer hinter diesem Artikel steckt. Es war aber Grund genug, uns grob mit den Zahlen aus dem verlinkten PDF zu Zahlen der Studie zu beschäftigen.
Was zunächst an der Studie auffällt: Erstellt wurde sie von Claudia Cappa, die bisher Studien zur weiblichen Beschneidung für die Unicef gemacht hat. Ein Interview (auf englisch) mit ihr über dieses Thema gibt es bei Dailymotion. Die Studie wurde also von jemandem erstellt, der einen „gelenkten“ Blick hat. Aber werfen wir zunächst überhaupt erst einmal einen Blick in die Studie, die uns der Spiegel netterweise zur Verfügung stellt.
Es geht sehr schnell darum, dass mehr Mädchen missbraucht werden als Jungs, dass sich dies negativer auf die erwachsene Frau auswirkt als auf den Mann und das Kinder oftmals Gewalt erleiden müssen, die eigentlich auf die Mutter abzielte. Dies wird in den einleitenden Sätzen ohne Belege ausgesagt.
Children can be inadvertently hurt in incidents of domestic violence directed to their mothers, or they may be intentionally threatened or hurt in retaliation against their mothers.
Teenagers, especially boys, may become the targets of violence based on their non-traditional sexual orientation or gender identity.
Homicide rates among boys are higher than those among girls in every region.
Homicide rates increase dramatically in late adolescence, particularly among boys
Damit ist es aber nicht genug. In 7 Ländern in Lateinamerika und der Karibik ist Mord die Haupttodesursache für Jungs. Unicef ist feministisch, schreibt aber wenigstens solche Zahlen in ihre Studie. Der Spiegel aber schafft es, aufgrund der Studie einen Artikel zu schreiben, der sich ausschließlich auf Mädchen als Opfer unter den Kindern bezieht.
Auf Seite 55 der Studie, wird es so richtig interessant und keine Feministin will es jemals hören. Es geht um die Täter bezüglich der Gewalt gegen Mädchen. In nahezu allen Ländern sind Eltern diejenigen, die am meisten Gewalt auf ihre Kinder ausüben.
In almost all countries, parents and other caregivers are the most commonly cited perpetrators of physical violence against adolescent girls.
Schaut man sich die Tabelle auf Seite 55 aber einmal an, dann sieht man ganz deutlich, dass in nahezu allen Ländern Mütter mehr Gewalt auf ihre Mädchen ausüben als Väter. Mütter – also Frauen – sind hier die hauptsächlichen Täter.
Es geht interessant weiter:
Auf Seite 57 wirt ausgesagt, dass z. B. in 5 Ländern mehr als einer von vier heranwachsenden Jungs ab 15 über körperliche Gewalt berichtet:
In five countries, at least one in four adolescent boys report incidents of physical violence since age 15.
Auf Seite 58 wird ausgesagt, dass die meisten Täter der körperlichen Gewalt Freund, Lehrer und andere sind. Wo sind hier die bösen Väter als Täter? Wir finden sie nicht.
The most common perpetrators of physical violence against boys are friends, teachers and ‘other’ perpetrators.
Kapitel 4 hat einen zu hervorhebenden Titel. Anders als zu erwarten, werden hier Jungs auch als Opfer genannt:
Sexual Violence: Not limited to Girls
Sexuelle Gewalt ist also nicht auf Mädchen beschränkt. Dass ich sowas einmal lesen darf und das auch noch in einer Studie der Unicef, die einen eher feministischen Ruf hat.
Die folgenden Zahlen sind für uns jetzt nicht sehr aussagekräftig, da keine Zahlen vergleichend nebeneinander gestellt werden. Wir finden es sehr schade, dass wir durch solche Vergleiche immer wieder darauf hinweisen müssen, dass Jungs und Männer an nahezu jeder Stelle als Opfer verleugnet werden. Ein jedes Opfer ist ein Opfer zuviel – egal ob Junge oder Mädchen. Ich hoffe, wir kommen endlich eines Tages dazu, die Opferzahlen bei beiden Geschlechtern zu reduzieren. Momentan sieht es ja so aus, als wären männliche Opfer überall egal.
Wir können uns aber vorstellen, dass Mädchen häufiger Opfer von sexueller Gewalt werden. Ob diese Vorstellung darauf fußt, dass wir feministisch erzogen, können wir nicht beurteilen. Die Aussage aber steht.
boys also report experiences of sexual violence, but to a lesser extent than girls
In der Tabelle, in der die Täter der sexuellen Gewalt gegen Mädchen aufgeführt werden, fehlt das eigene Geschlecht komplett. Frauen werden als Täter offenbar völlig ausgeschlossen. (Seite 81)
Interessant ist schließlich, dass in Polen jeder fünfte (!) Junge schon einmal „sexuelle Dienstleistungen“ gegen Geld angeboten haben soll. Dies widerspricht z. B. den Aussagen, dass es sich bei der Prostitution um ein nahezu ausschließlich weibliches Problem handelt. Außerdem ist es sehr erschreckend. Diese Dinge müssen genauer untersucht werden.
Die Überschrift, dass Jungs und Mädchen unter unterschiedlichen Formen der Gewalt leiden, macht es deutlich – wir können nicht einfach ein ganzes Geschlecht in der Betrachtung von Gewalt ausblenden, wie es der Spiegel tut.
In some countries Boys are more likely to report experiences of physical violence while girls more often report sexual violence in combination with physical abuse
Es wird dann festgestellt, dass beide Geschlechter nicht gerne über ihre Gewalterfahrungen sprechen. In der Studie wird dargestellt, dass dies bei beiden Geschlechtern in gleichem Maße der Fall sein soll. Jungs reden aber noch weniger über ihre Gewalterfahrungen als Mädchen, was zumindest an einigen Beispielzahlen deutlich wird.In der Studie geht es dann noch um die tägliche Gewalt in den Familien, denen Kinder ausgesetzt sind. Damit sind Ohrfeigen, „Popo versohlen“ und dergleichen gemeint. Dies ist natürlich nach wie vor ein großes Problem, was aber durch die Sozialisierung des einzelnen weitergegeben wird. Es wird noch lange dauern, bis dieses Problem kleiner wird. Hiervon sind die Geschlechter aber gleichermaßen betroffen.Interessant hierbei allerdings ist, dass die Gewalt keine sozialen Grenzen kennt. Sowohl in eher ärmeren Haushalten als auch in reicheren Haushalten kommt diese Form der Gewalt vor. Daher ist auch anzunehmen, dass sich diese Gewalt von der Bildung abkoppelt.Wer die tatsächlichen Gewaltopfer sind, wird auf Seite 114 deutlich:
In almost all countries, boys are significantly more likely to report being physically attacked than girls.
Auch hier wieder: In nahezu allen Ländern berichten mehr Jungs als Mädchen davon, körperlich angegriffen worden zu sein. Hinzu kommt nun die Aussage, dass Jungs weniger über Gewalt berichten als Mädchen. Wie schlimm müssen die tatsächlichen Zustände also für Jungs sein? So langsam kann man nur noch fassungslos über die männerfeindliche Gesellschaft sein, die Berichte über solche Tatsachen verschweigt und an jeder Stelle ausschließlich die Frau als Opfer generiert.Den Abschnitt über „häusliche Gewalt“ haben wir nur überflogen, da das Thema „häusliche Gewalt“ immer sehr einseitig beleuchtet wird. Hier ist die Frau nie Täterin. Hier ist immer der Mann der Täter – auch als Opfer. Allerdings tun wir der Studie hier ein wenig Unrecht. Denn die Studie registriert auch Beziehungsgewalt gegen Jungs/Männer:
In the Plurinational State of Bolivia, about 60 per cent of adolescent boys report experiencing some form of intimate partner violence.
In Bolivien berichten also 60 {18423f3510016d69a38748c31b9d3c63e55e56caeb597c341a8ea176480d5299} der heranwachsenden Jungs von Gewalt in ihrer Beziehung. Das ist eine stolze Zahl. Die Studie der Unicef wird wohl sehr schnell irgendwo vergraben werden.Recht aufmerksamkeitserregend ist es dann, wenn man liest, dass Mädchen partnerschaftliche Gewalt gegen Mädchen und Frauen eher rechtfertigen könnten als Jungs/Männer dies tun. Das zeigt dann wohl, dass Frauen bezüglich von Gewalt eine Einstellung haben, die Jungs und Männern unterstellt wird.
In most countries, girls are more likely to justify wife-beating than boys
Letztendlich werden dann doch noch Männer abgebildet: Wenn es um Lösungen für die ganzen Probleme geht. Der Mann muss sich also um die Lösungen bemühen. Gut, das wussten wir bereits.Fazit:Der Spiegel hat es geschafft, einen Artikel komplett an einer Studie vorbeizuschreiben, aber zu behaupten er bezieht sich auf eben diese Studie. Das Thema „Zwangsehe“ wird lediglich am Rand behandelt. Der Spiegel gibt sich hier also einen journalistischen Anschein, den er nicht hat.Die Studie insgesamt ist interessant, aber auch an einigen Stellen eindeutig feministisch eingefärbt. Dennoch zeigt sie deutlich, dass beide Geschlechter von Gewalt betroffen sind. Wir möchten die Gewalt an keiner Stelle gegen eines der Geschlecht schön reden. Es geht darum, dass Gewalt gegen beide Geschlechter bekämpft wird. Es ist aber an der Zeit, den Fokus mehr bzw. überhaupt einmal auf die männlichen Opfer zu lenken und nicht so erbärmlich einseitig darzustellen wie es der Spiegel in seinem Artikel z. B. tut.Dieser Artikel zeigt viele Fakten auf. Wäre der Spiegel auch nur noch annähernd ein Magazin, das journalistischen Grundansprüchen genügt, wäre ein lesbarer Artikel herausgekommen. Hierfür hätte man aber nicht feministisch, sondern humanistisch an den Artikel gehen müssen.